Die Paradoxien unserer Sprache

Immer wieder muss oder darf ich in Gesprächen mit unseren Kindern feststellen, wie wortgewandt sie sind. Das ist auf der einen Seite natürlich wunderbar zu erleben und auch erfrischend, auf der anderen Seite kann es auch eine große Herausforderung sein. Nämlich dann, wenn sie mich mit fehlender Logik in meinen Aussagen konfrontieren.

Heute möchte ich mich aber nicht auf die Diskussionen mit meinen Kindern fokussieren, sondern euch einfach kurz zwei kleine Anekdoten erzählen, die ihr vielleicht auch schon erlebt habt. Bei beiden brauchte ich einen Moment, bis ich wirklich verstanden habe, was sie mir sagen wollten, und dann blieb mir vor Staunen der Mund offen:

Die erste Situation ereignete sich am Essenstisch. Ich habe das Mittagessen dampfend, weil frisch vom Herd, serviert. Da sage ich zu meiner Tochter „Vorsicht! Es ist noch heiß. Warte bitte einen Moment, bis es kalt ist.“ Das sagt man doch so, oder? Naja. Sie schaut mich auf jeden Fall an und sagte: „Du meinst, bis es warm ist.“
Und? Habt ihr es gleich verstanden? Natürlich hat sie recht. Sie soll nicht warten, bis das Essen kalt ist, das wäre ja unlogisch, weil ich ja extra ein warmes Essen gemacht habe. Somit ist ihre Aussage „bis es warm“ passender, auch wenn es für uns in der Sprache sehr ungewöhnlich ist.

Die zweite Situation war so eine typische Erziehungssituation, wie wir sie alle kennen:
Da war ich mit meinem ziemlich überdrehten Sohn unterwegs und wie das dann halt so ist als Eltern kam mir der Satz „Versuch doch bitte, dich ein wenig zusammenzureißen.“ über die Lippen. Auch so eine Aussage, die wir doch immer wieder machen, oder? Da schaut mich mein Sohn grinsend an und sagte: „Aber Mama! Ich kann mich doch nicht zusammenreißen. Ich kann mich auseinander-reißen oder zusammen-kleben.“
Ich brauchte einen Moment, damit ich verstand, was er mir hier klar machte und musste dann so lachen, dass die ganze Anspannung, die vorher noch da war, verflogen ist.

Vielleicht könnt ihr mir ja auch noch folgende Frage beantworten: Wieso gibt es den Ausdruck „Ich habe Bärendurst“ eigentlich nicht? Also, bei uns zu Hause fällt er immer wieder 😉

Ich wünsche euch auch zahlreiche solcher erfrischenden Gespräche mit euren Kindern!

Welcher elterliche Spielplatztyp seid ihr?

Wie ihr ja inzwischen schon wisst, gehen meine Familie und ich gerne wandern. In der momentanen Zeit sowieso sobald es das Wetter zulässt.

Gut. Die Kinder gehen vielleicht nicht sofort mit der gleichen Begeisterung mit, wie wir Erwachsene, aber sie gehen mit. Und wenn wir dann vorschlagen, einer dieser tollen Walderlebnispfade zu gehen, die wir hier zum Glück zahlreich in unserer Nähe haben, dann steigt ihre Motivation doch gleich.

So haben wir das auch vor ein paar Tagen wieder gemacht. Wir haben wieder einen sehr unterhaltsamen Weg aufgesucht, bei dem nicht nur die Natur an sich, mit den vielen Wurzeln, Stämmen, Bäumen und Wasser den Kindern jede Menge Unterhaltung bietet. Sondern die Verwalter des Weges haben zwischendurch auch immer wieder eingebunden in den Weg verschiedene Stationen erstellt. Ihr kennt das sicher, wenn dann geklettert, balanciert oder gehüpft werden kann.

Und genau an diesen Stationen unterscheiden sich dann die Erwachsenen. Wir können das schon zwischen meinem Mann und mir beobachten. Während er sofort dabei ist und die Stationen (wenn sie auch für größere Menschen gemacht sind 😊) ausprobiert, bin ich immer eher diejenige, die dabei steht und beobachtet. Während ich dann hier so stehe und die drei strahlen sehe, frage ich mich, warum ich nicht eigentlich auch mitmache. Ist es, weil auch auf dem Balken beim Balancieren merke, dass mein Gleichgewicht nicht so ausgeprägt ist, wie das meiner Tochter, die gerade mit einer Leichtigkeit darübergegangen ist? Oder dass ich nicht so leichtfüßig einen Stamm erklimmen kann, wie mein Sohn?

Warum hören wir als Erwachsene oft auf, diese Seite auszuleben? Beim Wandern wählen wir oft den glatten, geraden Weg, während die Kinder lieber über Wurzeln wandern und über Bäche springen. So hat mir der letzte Ausflug wieder deutlich gemacht, dass ich eigentlich nicht nur meine Kinder animieren sollte, mutig zu sein, Dinge auszuprobieren. Vielmehr muss ich mir selber diesen Ratschlag wieder mehr zu Herzen nehmen. Mein inneres Korsett an Hemmung und zu viel Nachdenken ablegen und wieder selber Kind sein!

Wenn Kinder ehrlich sind

Kinder sind ehrliche Menschen. Das ist bewundernswert und sollte für uns Erwachsene öfter ein Vorbild sein. Sie sagen, was sie denken und sie beschreiben Situationen genauso, wie sie eben sind.
Davon können Eltern hin und wieder leidvoll ein Lied singen. Vor allem, wenn unsere Kinder Dinge von uns verraten, die wir doch lieber geheim gehalten hätten.

Zwei Situationen sind mir da aus eigener Erfahrung der letzten Zeit in Erinnerung.

  1. Das Haus für einen Ausflug zu verlassen, stellt ja immer wieder eine Stresssituation dar. So kam es eben auch vor, dass mein Mann und ich in eine Auseinandersetzung geraten sind. Kurz darauf sind wir auf meine Eltern getroffen, vor denen wir beide natürlich gelächelt hatten und so getan haben, als wäre nichts passiert. Ihr kennt sicher dieses Verhalten…
    Tja. Aber diese Rechnung haben wir ohne unsere Kinder gemacht, die gleich posaunt haben, dass Mama und Papa sich gerade gestritten haben…
  2. Vor Kurzem waren wir zum Essen eingeladen. Da ist meinem Sohn etwas auf den Boden gefallen. Er hat es aufgehoben und gleich in den Mund gesteckt. Da meinte jemand, dass so ein bisschen Staub ja auch ganz gesund ist. Die Antwort meines Sohnes traf mich in meinem Hausfrauenherzen: „Dann muss ich zu Hause ja nur unter das Bett kriechen. Da ist alles voller Staub.“

Ich hoffe, ihr musstet bei den Geschichten auch das eine oder andere Mal kurz auflachen.
In den einzelnen Situationen ist es mir zwar nicht so gegangen, aber danach konnte ich darüber schmunzeln. Denn nie hat unser Sohn die Unwahrheit gesagt. Er wollte uns ganz sicher auch nie absichtlich bloßstellen. Er sagte die Dinge, wie sie waren. Das mag sich zwar nicht automatisch angenehm anfühlen, aber andererseits ist das ständige Verheimlichen und so tun als wäre alles bestens auch sehr anstrengend.

Und übrigens habe ich natürlich gleich am nächsten Tag den Staubsauger in die Hand genommen 😉

„Hurra! Hurra! Der Kobold mit dem roten Haar!“

Kinder erlauben uns immer wieder das Eintauchen in die eigene Kindheit, ohne dass man sich dafür rechtfertigen muss. So dürfen mein Mann und ich uns aktuell wieder in die Welt des Koboldes „Pumuckl“ begeben.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir als Kinder mit unseren Eltern diese Serie geschaut haben. Oder auch auf Kassetten (wer erinnert sich noch an diese Antiquität?!) im Radio abgespielt haben.

Kurzer Einblick
Für diejenigen, die diese wunderbare Kinderserie von Ellis Kaut nicht kennen: Pumuckl ist ein kleiner Kobold, der eines Tages in der Werkstatt des Schreinermeisters Franz Eder auftaucht und dessen Leben so wunderbar durcheinanderbringt. Pumuckl ist nur für Meister Eder sichtbar, während er für alle anderen unsichtbar bleibt.

Neues Ausprobieren
Natürlich sehe ich die Serie heute mit etwas anderen Augen als früher. Aber ich finde sie wunderbar und amüsiere mich bei jeder Folge köstlich. Jedoch überkommt mich nicht nur das Lachen, sondern auch Herzenswärme. So schafft es Pumuckl immer wieder, Meister Eder für neue Dinge zu begeistern, beispielsweise einen Segeltrip am Chiemsee oder die Zubereitung von  Schokoladepudding, obwohl er gar nicht kochen kann. Es wirkt, als färbt die Unbekümmertheit und Neugierde des Kobolds auf den Schreinermeister ab und lässt ihn das Leben neu entdecken.
So ergeht es uns Eltern mit unseren Kindern doch auch immer wieder – wenn wir es zulassen. Sie begegnen dem Leben anders, stellen Dinge und Erklärungen in Frage und fordern uns heraus, manches zu überdenken. Sie helfen uns aber mit ihrer Unbekümmertheit auch, Dinge zu tun, die wir uns normalerweise nicht trauen würden oder für die wir uns gar geschämt hätten – wie zum Beispiel am Spielplatz ein Seil hinauf zu klettern oder hüpfend einen Gehsteig zu überwinden.

Regeln und Grenzen
Wie Kobolde aber eben so sind, gehören Regeln und Grenzen nicht gerade zu ihren bevorzugten Dingen. Vielmehr sind es Störfaktoren, die es zu ignorieren gilt. Und so gibt es neben dem Spaß immer wieder auch Streitereien zwischen Pumuckl und Meiser Eder. Diese werden jedoch schlussendlich immer mit Zuneigung zueinander gelöst. Für Kinder wird deutlich, dass Regeln eingehalten werden sollten und ein Missachten Konsequenzen hat. Für uns Erwachsene zeigt sich aber auch, dass manche Regeln hinterfragt werden können und dass auch wir in der Auseinandersetzung und im Gespräch miteinander einiges lernen können.

Gemeinsam durchs Leben
Wunderschön finde ich auch die Folge, in der Meister Eder Pumuckl mit einem Geschenk überrascht, um mit ihm ihre gemeinsame Zeit zu feiern. Denn obwohl es für beide eine nicht immer einfache Zeit ist, merken sie doch, dass das Leben nur miteinander eigentlich wirklich schön ist! Ein Hoch auf unsere Kinder!

Ich empfehle euch: seht sie euch gemeinsam an, den Meister Eder und seinen Pumuckl. Es ist für alle ein Genuss!

Von Kindern lernen: Wenn eine Frage uns im Weg steht

Warum fällt es uns Erwachsenen eigentlich so schwer, andere um Hilfe zu fragen? Wir verrenken uns lieber den Rücken, bevor wir zugeben, dass eine zweite helfende Hand gut wäre. Oder wir arbeiten die Nacht durch, ehe wir eine Kollegin darum bitten, uns bei unserer Arbeit zu unterstützen. Beispiele gibt es genug, die diese Hemmung bei Erwachsenen verdeutlichen

Das selbstverständliche Fragen
Kinder denken nicht so. Für Kinder ist es eine Selbstverständlichkeit, andere um Hilfe zu fragen, wenn sie nicht weiterkommen. Ihre Neugierde bewirkt, dass sie zunächst Dinge selber versuchen. Sie probieren unterschiedliche Wege, um ans Ziel zu gelangen. Gelingt es ihnen – aus welchen Gründen auch immer – nicht, dann fragen sie um Hilfe. Wieso auch nicht?
Manchmal sind es ältere Kinder, die etwas schon können, was das andere Kind noch nicht so gut kann. Manchmal sind es wir Erwachsene, die als Hilfesteller ausgewählt werden.

Die Wohlfühl-Rolle
In der Rolle der Helfenden fühlen wir uns meistens wohl. Es ist ein gutes Gefühl, jemandem dadurch eine Freude zu bereiten. Meistens fühlt es sich auch einfach nur selbstverständlich an, andere zu unterstützen – nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene. In der Geber-Rolle fühlen wir uns wohl. Nicht aber in der Nehmer-Rolle.

Die hemmenden Ängste
Es bleibt also die Frage, wieso wir Erwachsene uns hier Kinder nicht als Vorbild nehmen können. Ist es unsere Angst davor, abgewiesen zu werden? Die Angst, ausgelacht zu werden? Die Angst vor einem vermeintlichen Gesichtsverlust? Die Angst, jemandem zur Last zu fallen?
Die Motivation des Nicht-Fragens ist wahrscheinlich je nach Situation unterschiedlich. Doch sie ist immer ein Hindernis im Vorankommen. Nicht nur, weil das Problem möglicherweise nicht gelöst werden kann.

Die kindliche Weisheit
Die menschliche Entwicklung ist davon abhängig, dass Fragen gestellt werden. Nur so entstehen neue Entdeckungen. Nur so können andere Lösungswege entwickelt werden. Somit kann also gesagt werden, dass Kinder die Weisheit des „um-Hilfe-Fragens“ beherrschen, während viele von uns Erwachsenen hier noch Nachholbedarf haben und Hemmungen ablegen sollten.

Von der Leuchtweste und dem Fahrradhelm

Ich teile ja gerne mit euch meine „Stotter“-Momente als Mama. Jene Momente, in denen meine Kinder mich auf ein Verhalten hinweisen und mich fragen, warum ich das jetzt so mache. Ich gerate dann einen Moment lang in den Konflikt „Wahrheit“ oder „Lüge“, mich der von den Kindern wahrgenommen Diskrepanz zwischen dem, was ich tue, und dem was ich von ihnen verlange, zu stellen oder einfach irgendeine Ausrede finden, gar die Frage zu überhören.

Mama! Warum?
Mit so einem Moment hat mich meine Tochter heute Morgen eiskalt erwischt. Es ging um das Thema „Sicherheit“, bei dem wir Erwachsene, wenn wir ehrlich sind, tatsächlich mit zweierlei Maß messen. Von Anfang an haben wir unseren Kindern beigebracht, beim Laufrad- und Fahrradfahren einen Helm zu tragen. Wir ziehen ihnen diesen auch an, sollte eines im Fahrradanhänger sitzen. Gleiches gilt für Leuchtwesten. Beim Fahrradfahren auf der Straße immer, beim Laufen, wenn es dämmert, müssen sie eine Leuchtweste anziehen.
So eben auch heute Morgen, als ich meine Tochter darauf hinwies, dass sie ihre Leuchtweste noch anziehen muss. „Und du, Mama?“ War ihre berechtigte Frage.

Erklärungsnot
Tja, jetzt erkläre einmal deinem Kind, warum du keine Leuchtweste tragen musst, denn eigentlich bin ich als Erwachsene ohne Leuchtweste ja auch nicht sichtbarer als mein Kind.
Die Kindergartenpädagoginnen unserer Gemeinde gehen hier für uns alle mit einem guten Beispiel voran: Sie sind bei diesem Thema sehr strikt. Jedes Kind, das zu Fuß nach Hause geht, trägt eine Leuchtwese. Wenn sie gemeinsam einen Ausflug machen, tragen die Erwachsenen ebenfalls eine. Allgemein muss ich sagen, ist hier das Bewusstsein hinsichtlich Kinder stetig am Wachsen. Nur wir Erwachsene ziehen nicht wirklich vorbildlich mit.
Ich trage beim Fahrradfahren im Herbst oder Winter zumindest einen Reflektorstreifen am Bein oder an der Handtasche, aber dass ich mir wirklich eine Leuchtweste anziehe, kam mir noch nicht in den Sinn. Ich kann es mir selber nicht erklären, denn es wäre ohne Diskussion absolut sinnvoll. Und so konnte ich es heute Morgen auch meiner Tochter nicht erklären.

Es betrifft alle!
Ein ähnliches Erlebnis hatte übrigens vor kurzem mein Mann mit unserem Sohn, als er es wagte, „nur kurz die paar Meter zum Lebensmittelladen“ mit dem Fahrrad zu fahren und den Helm nicht anzuziehen. Wie auch immer sie das machen: Unseren Kindern entgeht das nicht auch wenn sie noch so tief in ihrem Spiel versunken zu sein scheinen. Zunächst rief mein Sohn meinem Mann noch nach, doch der hörte das nicht mehr. Dafür erlebte er bei seiner Rückkehr ein kleines „Donnerwetter“ und musste sich stotternd vor seinem Sohn rechtfertigen 😉

Mir ist es am Schluss aber wirklich noch ein Anliegen, die Wichtigkeit der Sicherheit im Straßenverkehr zu betonen. Je selbstverständlicher unsere Kinder damit von klein auf aufwachsen, umso weniger Diskussion ist es und umso bewusster wird ihnen auch, dass sie achtsam sein sollten. Kinder sind hier wahrscheinlich das größere Vorbild als wir Erwachsene.

Lebensfreude leben

Die Sommerzeit neigt sich langsam ihrem Ende zu. Eine Zeit, die verbunden ist mit Freiheit, Unabhängigkeit, Lebensfreude, frischer Luft und mit viel Kinderlachen im Garten und in den Freibädern.

Die Purzelbaumfolge
Wenn Menschen älter, erwachsen werden, geht dies mit vielen Veränderungen einher. Eine häufig spürbare ist dabei, dass sie beginnen, sich mehr zu kontrollieren, die Dinge, die sie tun, zuerst zu überdenken. Kinder machen das nicht. Sie tun, worauf sie Lust haben. Denken dabei nicht darüber nach, ob das andere sonderbar finden könnten.
Sie gehen in den Rasen vor dem Haus und machen eine Aneinanderreihung von Purzelbäumen. Einfach, weil es ihnen Spaß macht. Oder sie rollen sich juchzend einen Hügel hinunter. Sie lachen lauthals und von ganzem Herzen los, wenn sie etwas Lustiges erleben. In einem Stall werfen sie sich ins Heu, kullern miteinander herum, auch wenn sie nachher überall schmutzig sind. Sie singen im Sommer Weihnachtslieder, weil ihnen die Melodie nicht mehr aus dem Kopf geht. Sie haben einfach Freude an all diesen Dingen!

Der innere Bremsklotz
Während ich die Beispiele aufzähle, die ich auch real beobachtet habe, frage ich mich, wann ich zum letzten Mal, ohne nachzudenken, einfach einem solchen Bedürfnis nachgegeben habe. Am Morgen barfuß durch das noch feuchte Gras zu hüpfen? Beim Kasperletheater mitzurufen, wenn der Räuber wieder auftaucht? Einfach juchzend ins Planschbecken zu hüpfen oder bei der Rutsche ungehemmt, Freude und Angst hinauszuschreien. Ein Lied lautstark mitzusingen, obwohl das in den Ohren anderer vielleicht völlig schief klingt.

Türöffner
Mit ihrem Verhalten zeigen uns Kinder eine Welt, die sich für uns Erwachsene manchmal geschlossen zu haben scheint, die wir aber gerne hin und wieder öffnen würden. So wie wir als Eltern unseren Kindern immer wieder die Hand reichen, ihnen helfen, neue Dinge zu erleben, sollten wir sie vielleicht in dieser Hinsicht als Helfer und als Vorbild nehmen. Denn diese unzensierte Lebensfreude, die sie ausstrahlen, ist das Salz ihres Tages!

Wie Kinder denken

Bereits in früheren Beiträgen wie zum Beispiel Faszination Kind habe ich euch Beispiele beschrieben, wie beeindruckend die Funktion von Kinderköpfen ist. Da ich fasziniert bleibe und immer wieder bin, möchte ich euch noch einmal ein paar Beispiele erzählen:

Das verschwundene Foto
Bei einer unser letzten Wanderungen haben wir ein tolles Motiv gefunden und ein – wie es heute so schön heißt – Selfie von uns vieren gemacht. Das hat uns so gut gefallen, dass mein Mann und ich sagten „Das schicken wir schnell unseren Eltern!“. Unser Sohn war von dem Bild ebenfalls begeistert. Doch er sah uns nach dieser Aussage enttäuscht an und fragte: „Aber haben wir dann auch noch eines für uns?“ Zuerst Verwirrung in den Köpfen von uns Erwachsenen, dann haben wir verstanden: Für unseren Sohn bedeutete die Aussage, dass nun zwar seine Großeltern ein Bild haben, wir dadurch unseres aber verlieren. Dass mit der heutigen Technik das Bild dennoch auf dem Handy bleibt, war für ihn in diesem Moment einfach nicht fassbar.

Schau mir auf den Mund, Kleines!
Eigentlich ermahnen wir als Eltern unsere Kinder stets, uns beim Sprechen in die Augen zu blicken, da dies ja „höflich“ sei. Nun habe ich durch meine Tochter gelernt, dass das bei kleinen Kindern gar nicht so sinnvoll ist. Wieso?
Am Abend vor dem Schlafengehen wünscht sie sich aktuell ein ganz spezielles Lied. Dies wird im Vorarlberger Dialekt gesungen und nicht jedes Wort ist für sie daher gleich verständlich. Jedes Mal, wenn ich es singe, schaut sie mir ganz gebannt auf die Lippen. Zunächst habe ich nicht wirklich verstanden warum, denn eigentlich sind wir es ja – wie gesagt – gewohnt, dass uns in die Augen geschaut wird.
Ein paar Abende später wurde es mir aber dann klar: Durch das Lippenlesen und das Gehörte hat sie begonnen, sich den Text des Liedes zu merken und singt ihn selbstständig nach. An der Überbetonung ihrer Mundbewegungen ist dabei zu beobachten, wie sie meine Bewegungen nachahmt.
Also: Lassen wir unsere Kinder uns auch auf den Mund starren 😉

Schlafende Franzosen?
Auch wir haben das WM-Finale gesehen und damit natürlich am Ende den Torjubel der französischen Spieler. In ihrem Überschwang glitten sie über den nassen Rasen und blieben am Ende liegen. Unsere Tochter sah das und fragte „Gehen die jetzt schlafen?“. Da ich inzwischen weiß, dass die Aussagen unserer Kinder irgendwie immer Sinn machen und ich das langsam auch gewohnt bin, wusste ich sofort was sie meinte. Da die Spieler sich hinlegten, war es für sie wie schlafen gehen.

Mitgehen und lernen
Ja, ihr kennt mein Plädoyer, aber all diese Beispiele zeigen es wieder: Nehmt eure Kinder ernst! Lacht nicht, wenn sie Fragen stellen, sondern lasst euch vielmehr faszinieren von dieser Welt in den Kinderköpfen! Es ist eine tolle Welt und eigentlich auch eine logische. Zudem bringen sie uns bei, uns hin und wieder deutlicher und klarer auszudrücken, sowie Doppeldeutigkeiten in unserer Welt zu erkennen.

Geht nicht – gibt’s nicht

In meinem letzten Kirchenbeitragstext vor der Sommerpause beschäftigen wir uns mit „Grenzerfahrungen“….

Hier geht es zum ganzen Beitrag!

 

„Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?“

Könnt ihr euch noch an den Deutschunterricht in der Schule erinnern? An das Auswendiglernen von Gedichten?

Gedichte
Bei manchen von uns war es der „Erlkönig“ von Gothe, andere hatten eines von Schillers Gedichten wie „Die Glocke“ oder „Die Bürgschaft“ auf dem Lehrplan. Für viele von uns war es eine Qual, ein ständiges Üben bis zu dem Zeitpunkt, als uns der Lehrer aufgerufen hat, das Gedicht vor der Klasse aufzusagen, um es gleich nach dem letzten Wort wieder zu vergessen.

Kindliche Neugier
Wenn ich an diese Ereignisse zurückdenke, dann betrachte ich meine Kinder noch einmal staunender. Scheinbar völlig mühelos merken sie sich Texte von Liedern oder auch Erzählungen aus Büchern. Sie singen mehrere Strophen, die sie vielleicht zwei Mal gehört haben. Wir meinen als Eltern, wir müssen mit ihnen tagelang ein paar Sätze für ein kleines Theaterstück lernen, während sie uns nach dem dritten Mal völlig verständnislos ansehen, weil der Text schon lange in ihrem Kopf ist.

Verlust der Selbstverständlichkeit
Ich komme bei dieser Beobachtung nicht umhin mich zu fragen, wann wir im Laufe unserer Entwicklung diese Fähigkeit verlieren. Hat es wirklich nur mit dem biologischen Abbau unseres Gehirns zu tun? Aber so schnell? Denn wir reden von vielleicht zehn Jahren, die zwischen der Freude am Lernen und der empfundenen Qual liegen.

Diese Freude ist bei kleinen Kindern nicht nur im Auswendiglernen zu erkennen, was für sie meist kein „Lernen“ im eigentlichen Sinn ist, sondern einfach Freude am Tun. Diese Kinder wollen entdecken, wollen lernen. Sie möchten ihren Namen schreiben, oder die Zahlen üben. Sie wollen rechnen und Neues entdecken.

Freude beibehalten
Während des Schreibens jetzt, und während ich meine Kinder im anderen Zimmer fröhlich ihre Lieder singen höre, überkommt mich ein Bedauern, wenn ich mir vor Augen führe, dass sie diese Leichtigkeit verlieren. Ich frage mich dann, welche Möglichkeiten es gibt, dies zu verhindern. Wie können wir Kindern diese Freude, die eigentlich mehr für uns Erwachsene wieder ein Vorbild sein sollte, erhalten?