Neulich auf dem Spielplatz

Auf Spielplätzen tummeln sich die unterschiedlichsten Menschen – große und kleine – und mit ihnen auch ganz verschiedene Umgangsformen. Da gibt es immer wieder etwas zu entdecken, vor allem, wenn man so wie ich kein Handy dabei hat, die Kinder fein spielen, und einem eigentlich nur das Beobachten als Beschäftigung bleibt.

Kurzer Einschub
Als ich bemerkt habe, dass ich mein Handy nicht dabei hatte, war tatsächlich mein erster Gedanke „Wie beschäftige ich mich jetzt?“ Im gleichen Moment bin ich über mich erschrocken, weil ich mich fragte: „Kann ich wirklich nicht mehr einfach nur dasitzen und genießen?“

Beobachtung
Also gut. Ich saß also da und habe mich umgeschaut und habe folgende Situation beobachtet:
Ein Mann – in meiner Wahrnehmung wahrscheinlich der Vater – hat ein Mädchen von ca. fünf Jahren in einer Hängematte angeschaukelt. Das hat ihr ganz offensichtlich gefallen, doch plötzlich fiel sie aus der Matte auf den mit Hackschnitzel bestreuten Boden. Es folgte sehr lautes Weinen. Der Mann packte das Mädchen hektisch und kam mit raschen Schritten auf die Frau – dem Umgang miteinander sicher die Mutter – zu. Was dann folgte, war so sinnbildlich wie erschreckend. Die Mutter hat dem Vater das laut weinende Mädchen aus dem Arm genommen und ab dem Zeitpunkt hatte er keinen Kontakt mehr zu dem Kind. Er hat der Mutter noch ein paar Tücher zum Abtupfen des Gesichtes gereicht, aber er durfte das Kind weder halten, noch etwas sagen. Vielmehr war der nächste Schritt, dass die Mutter mit dem Kind vom Vater wegging. Er saß dann einige Meter entfernt und ging hilflos ein paar Schritte hin und her und wusste ganz offensichtlich nicht, was er tun soll.
Bis zum Schluss hat der Vater das Kind nicht mehr getröstet und auch als sie dann den Spielplatz verließen, hat die Mutter weiterhin das Kind getragen, während er das Kinderfahrrad geschoben hat.

Meine Gefühle dazu
Es würde mich wirklich sehr interessieren, welche Gedanken euch bei dieser Erzählung durch den Kopf gehen. Leider kann ich auch nur meine sagen: Ich war erschrocken. Ich wollte am liebsten zu dem Vater hingehen und ihn motivieren, doch zu seiner Tochter zu gehen, um sie zu trösten, um ihr sagen zu können, dass es ihm leidtut. Selbstverständlich war keine Absicht hinter diesem Unfall. Und ja, das Mädchen hat sich ganz offensichtlich eine Wunde an der Stirn zugezogen. Umso schlimmer fand ich es, dass derjenige, der beim Unfall dabei war und offensichtlich selber erschrocken war, in der Phase der Tröstung keinen Platz mehr gefunden hat. Dabei ist es doch genau diese Zeit, die für die Beziehung so wichtig wäre: zeigen zu können, dass ich da bin, wenn mein Kind Trost braucht.

Geschlechterrolle
Ich kam bei dem Beispiel nicht umhin mich zu fragen, ob ich hier ein Paradebeispiel für eine Rollenverteilung zwischen Eltern und Kindern gesehen habe. Ist es so, dass wir Mütter dazu tendieren, den Vätern das Trösten nicht zuzutrauen? Das Gefühl haben, dass nur wir diesen „Job“ beherrschen?
Das wäre ein weiteres, sehr wichtiges Thema, das es zu diskutieren gilt. Für dieses Mal nur so viel: Lassen wir zu, dass auch andere unser Kind trösten können, auf jeden Fall auch der andere Elternteil.

Backe, backe Kekse

Kennt ihr auch diese tollen Werbefotos, auf denen ein Erwachsener – meist die Mutter – strahlend mit mindestens zwei Kindern Kekse bäckt? Nicht nur, dass alle lächeln, alle sind friedlich und sehen auch noch sauber aus. Die Küche ist aufgeräumt. Allgemein wird der Schein vollkommener Harmonie vermittelt.

Eigene Erfahrungen
Seit ich Kinder habe und das älteste auch ein „backfähiges“ Alter erreicht hat, versuche ich, diesem Bild nachzueifern. Auch ich wollte regelmäßig diese anscheinend so schöne Erfahrung im Leben einer Mutter machen. Also habe ich meine Kinder gepackt an den Küchentisch gestellt, Nudelholz und Teig dazu und los sollte es gehen. Natürlich gehörte auch stimmungsvolle Weihnachtsmusik alljährlich dazu.
Doch irgendwie schienen die Kinder nicht dieselbe Begeisterung für meine Idee zu haben.
In den ersten Jahren war es ihnen zu langweilig. Dann hatten sie eine andere Vorstellung davon, was sowohl mit dem Keksteig, als auch mit den Ausstechern passieren soll als ich. Ihre Ausdauer war irgendwie auch nicht so ausgereift, wie es das Backen von Keksen nun einmal verlangt. Ganz abgesehen davon, dass weder meine Kinder noch meine Küche lange sauber blieben. Regelmäßig endeten die Versuche in Auseinandersetzungen, bemehlten Kindern und einer am Ende das Chaos aufräumenden Mutter.

Dranbleiben heißt es!
Dennoch wollte ich mich nicht entmutigen lassen und habe auch heuer diesen Versuch noch einmal gestartet. Nachdem wir im Laufe des Jahres immer wieder Backsendungen gemeinsam anschauen, die Kinder auch zunehmend gerne mitkochen, musste das doch endlich klappen…
Und siehe da: Es hat geklappt! Zumindest über einige Kekssorten hinweg. Es war merkbar, dass beide Kinder mehr Spaß hatten. Einfach weil sie schon mehr konnten. Unser Sohn konnte Rezepte selber lesen und damit den Teig auch mit mehr Selbständigkeit erstellen. Unsere Tochter liebt es zu dekorieren und mit den Ausstechern zu arbeiten.

Daraus ist zu lernen?!
Was kann ich aus diesen Jahren der Erfahrung lernen und weitergeben?
Ehrlich gesagt, nicht primär, dass Arbeiten in der Küche mit Kindern nur Spaß macht. Denn trotz aller Freude am Miteinander ist es auch noch immer stressvoll. Was ich tatsächlich gelernt habe, ist, dass wir als Eltern den Dingen seine Zeit lassen müssen. Nicht, weil die Werbung mit schön retuschierten Bildern uns vorgaukeln, wie es sein sollte, müssen wir es erreichen. Sondern dann, wenn die Familie und ihre Mitglieder so weit sind. Erst dann nämlich kann es für alle ein schönes Ereignis werden!

Das geht doch allen Eltern so…

Das ist einer dieser Sätze, die wir hören, sobald wir ein Kind haben.
Auch mir ist aufgefallen, dass ich ihn sowohl oft gehört als auch immer wieder ausgesprochen habe. Grundsätzlich ist diese Aussage gut gemeint, soll auch Trost schenken und ein Gefühl der Zugehörigkeit entstehen lassen.

Zwiespältige Gefühle
In letzter Zeit beobachte ich an mir jedoch eine gewisse Ambivalenz zu dieser Aussage. Zunehmend habe ich begonnen, mich innerlich dagegen zu wehren. Doch warum eigentlich?
Wenn ich zum Beispiel bei meinen Kindern beobachte, dass sie in einer Phase sind, in der sie viel Widerstand zeigen und die Konflikthäufigkeit zunimmt. Oder sie immer mehr auch gegen Regeln im Haus rebellieren. Dann sträubt sich in mir alles gegen die Aussage, dass es allen Eltern so geht. Denn ich merke, dass mir diese Vorstellung nicht hilft. Ich sage mir dann: Das kann sein. Aber ich will es so nicht haben.
Auch so eine Situation, in der ich gemerkt habe, dass ich mich innerlich dagegen sträube, die gleichen Erfahrungen wie viele Eltern zu machen, ist jene der ständigen Diskussionen. Wenn am Wochenende die Unternehmungsplanung ansteht und das Wetter so herrlich ist, dass das Wander-Herz hüpft und für uns kein anderer Programmpunkt möglich ist, als in die Natur zu gehen und dann geht die Klage-Maschinerie der Kinder los. An diesem Punkt merke ich, dass ich nicht die gleichen Erfahrungen machen möchte. Ich möchte jene Kinder haben, die sagen: Klar, Mama. Super Idee! Wir packen gleich unsere Rucksäcke 😊-😊! Man darf ja noch ein bisschen träumen…

Doch Zugehörigkeit?
Gleichzeitig merke ich, dass wenn wir dann zum Beispiel beim Wandern sind und wir mit semi-begeisterten Kindern an anderen Familien vorbeigehen, deren Kinder auch nicht gerade strahlen, dann tröstet mich das Gefühl der Zugehörigkeit. Dann wird mir bewusst, dass es nicht so außergewöhnlich ist, was ich erlebe.
Oder auch die vielen von euch bekannte Situation des Fahrradfahrens mit Kindern. Es beruhigt mich tatsächlich, wenn ich andere Eltern beobachte, die mit ihren Kindern fahren und ihnen genauso hinterherrufen „Fahr vorsichtig! Schau nicht die ganze Zeit zurück! Konzentriere dich! Wenn du jetzt nicht gleich gerade fährst, dann fahre ich nicht mehr mit dir Rad.“ Höre ich diese Ausrufe spüre ich ein Durchatmen durch meinen Körper, ein Gefühl, nicht allein in solchen Situationen zu sein.

Nichts tut dann wohler, als zu hören, dass auch viele andere durch diese Erlebnisse durch müssen.

Gemeinsamkeiten helfen doch
Wir sehen also: Der Satz „Das geht doch allen Eltern so.“ ändert zwar nichts an der grundsätzlichen Herausforderung, der wir gegenüberstehen. Manchmal möchten wir uns auch dagegen auflehnen und sagen uns innerlich „Das mag sein, aber ich will das einfach nicht haben.“ Von Zeit zu Zeit ist er aber doch ein Trost und zeigt uns, dass nicht wir als Eltern versagen, sondern das Kinder einfach nur Menschen mit ihrer eigenen Persönlichkeit sind. Und mit diesen Persönlichkeiten umgehen zu lernen und sich darauf einzustellen, das geht wirklich allen Eltern so.

Also nur Mut: Wir schaffen das!

Nicht die Angst, sondern Neugierde schüren!

Für viele klopfen die Schulferien schon laut an die Tür. Ich möchte heute dennoch noch einen Schulgedanken mit euch teilen. Denn wenn wir aktuell erzählen, dass unser Sohn im Herbst in die Schule kommt, gibt es immer eine Reaktion: „Der Arme! Jetzt beginnt der Ernst des Lebens! Seid froh, solange er noch Lust hat zu gehen.“
Diese Reaktion kann ich nicht verstehen. Was soll mit diesen Aussagen beim Kind erreicht werden?

Druck von überall
Grundsätzlich wird das Schulsystem sehr kritisch betrachtet. Es würde den Kindern und Jugendlichen die Freude am Lernen nehmen, sie nur unter Druck setzen. Natürlich ist Schule für Kinder anstrengend. Auch die vielen Prüfungen, denen sie ausgesetzt werden, machen ihre Leben nicht gerade einfach. Doch bietet Schule Kindern auch viele Möglichkeiten.
Immer wieder haben wir auf diesem Blog schon besprochen, dass Kinder neugierig sind. Sie wollen lernen und Neues entdecken, Dinge ausprobieren. So wie der Kindergarten wäre eigentlich auch die Schule ein guter Boden dafür, eben dies zu tun. Viele Erwachsene gehen jedoch auf Grund von Vorurteilen sehr schnell davon aus, dass Schule Kindern keine Freude und Spaß bereitet bzw. ihre Neugierde als Chance nutzt, sondern ihnen vielmehr diese Freude nimmt und sie in Angst und Unsicherheit versetzt.
Doch ist das wirklich immer das System Schule? Sind es wirklich immer die Lehrer oder sind es nicht einfach auch viele Erwachsene im Umfeld eines Kindes mit ihren unbedachten Aussagen?

Unnötige Aussagen
Als unser Sohn vor kurzem den Schulreifetest machte, haben mein Mann und ich beschlossen, diesen Termin nicht zu sehr aufzubauschen. Wir haben ihm erzählt, dass wir in die Schule gehen und er seiner Lehrerin oder Direktorin zeigen soll, was er alles kann und dass sie ein wenig mit ihm reden möchte. Wir wollten ihn nicht unnötig nervös machen. So war es für ihn auch nicht eine „Prüfung“, sondern einfach ein Aufzeigen von Fähigkeiten. Wir haben im Gespräch mit anderen Eltern und mit dem Kindergarten jedoch bemerkt, dass viele einen anderen Weg wählen. „Mann, das wird ja total spannend für dich! Hoffentlich geht alles gut! Jetzt beginnt ein neuer Abschnitt in deinem Leben!“ Genau solche Aussagen machen eine Situation, in die das Kind vielleicht zunächst neugierig oder auch voller Freude reingeht, unnötigerweise angsteinflößend.

Wir können es beeinflussen!
Mein Appell heute wäre: Lassen wir unseren Kindern die Freude und Neugierde und nehmen ihnen diese nicht am Beginn ihres Ausbildungsweges schon weg. Es gibt für sie große Chancen und ein weites Feld an neuen Entdeckungen. Wir sollten als Erwachsene nicht unsere eigene Nervosität auf das Kind übertragen, auch wenn dieser neue Abschnitt ja auch unser Elternsein in einer anderen Dimension fordert.

I‘m singing in the rain ;-)

Die letzten Tage hat die Natur uns ja viel Regen beschert. Manche haben sich darüber gefreut, für andere war es und vor allem auch die Folgen davon eine große Herausforderung. Dies betrifft aber nicht nur die Feuerwehrleute und das Militär, dem unser aller Dank auszusprechen ist, sondern irgendwie auch uns Eltern. Wieso?

Jede Pfütze hat ihren Reiz
Vor ein paar Tagen bin ich am späten Nachmittag noch ins Büro gefahren. Offensichtlich war gerade die Schule zu Ende, denn ich habe viele Kinder auf ihrem Heimweg beobachten können. Ein Junge ist mir dabei ins Auge gestochen, denn er hüpfte in einer besonders großen und besonders dreckigen Pfütze herum. Da ich gerade an einer roten Ampel stand, durfte ich dieses „Vergnügen“ ein wenig länger betrachten. Der Junge hüpfte in die Pfütze und bildete dabei eine für ihn wunderschöne Fontaine. Das reichte jedoch noch nicht aus. Mit schwingenden Beinen erhöhte er diese noch, bevor ein neuerlicher Sprung in die Pfütze folgte. Ihr alle könnt euch wahrscheinlich ausmalen, wie er danach aussah: Von oben bis unten voller Dreckwasser und… einem strahlenden Gesicht!

Zwischen Freude und Mitleid
Ich merkte bei mir ein Wechselbad der Gefühle: Auf der einen Seite sah ich eben dieses Strahlen und merkte, wie es sich auch in meinem Gesicht ausbreitete. Auf der anderen Seite habe ich mir vorgestellt, wie ein paar Minuten später seine Eltern ihn in Empfang nehmen und sich stirnrunzelnd überlegen müssen, wie sie ihren tropfnassen Sohn ins Haus bekommen, aufgeteilt auf Dusche und Waschmaschine.

Wer zuletzt beobachtet…
An diesen Jungen habe ich mich nicht nur im heutigen Text, sondern gleich am Folgetag erinnert. Als ich nämlich meine beiden Kinder vom Kindergarten abgeholt habe. Als ich sie sah, blieb mir der Mund offen: Von oben bis unten voller Matsch, aber auch hier lachende Gesichter. Meine erste Frage: „Was ist denn mit euch passiert.“ Und die logische Antwort: „Aber Mama! Wir sind doch im Matsch-Club!“

Gut und schön, aber
Ich weiß, dass es heißt: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.“ Sowie auch die Weisheit, dass Kinder sich austoben und entdecken sollen. Aber wie bei so vielen Dingen, dürfen beide Seiten sein. Kinder, die uns ein Vorbild sind, weil sie sich nicht vom Wetter abhalten lassen, die Welt zu entdecken. Aber auch die Eltern, die ihre nassen und matschigen Kinder nachher wieder bestmöglich sauber bekommen sollten…

Die verlorene Individualität

In meinem Beitrag in der aktuellen Kirchenzeitung habe ich mich mit einem Thema beschäftigt, das uns als Eltern immer wieder begegnet: dem Druck von außen.

Den ganzen Text könnt ihr hier nachlesen.

Der wachsende „Horror“ in der Zukunft

Wir haben hier auf meinem Blog die spannende Kategorie „Andere wissen alles besser“. Immer wieder mache ich in Gesprächen mit Eltern eine Beobachtung, die gut hierzu passt. Wobei ich erwähnen muss, dass dieses Verhalten nicht nur bei Eltern gegeben ist, sondern eigentlich ein Phänomen unserer Gesellschaft ist. Es ist das „Ich habe es aber schwieriger als du“-Phänomen.

Du hast ja keine Ahnung!
Ab einem bestimmten Alter wird man stets mit der Frage konfrontiert, wann man denn nun endlich Kinder bekommt. Gefolgt von der Aussage: „Genieße es noch, solange du keine hast. Wir haben ja schon welche und da ist alles viel…“ Es folgt eine Aufzählung an Schreckensszenarien und schlimmen Dingen, die dann mit einem Kind auf uns zukommen wird und die man sich jetzt naiv in der kinderlosen Phase noch gar nicht vorstellen kann. Sind dann Kinder da, dann beschreibt uns das Gegenüber, das uns schon gesagt hat, wie schwierig ein Leben mit Babies ist, dass sein Leben jetzt aber schlimmer ist als unseres. Dass nämlich Kinder wie er sie hat, viel teurer und anstrengender und ähnliches sind, als wir das jetzt erleben. Dass wir es jetzt ja noch gut haben, aber wenn wir erst Kinder in seinem Alter haben, dann…

Der Wettkampf beginnt!
Ich glaube, ihr wisst was ich meine: Es wird ein künstlicher Wettkampf in Gang gesetzt, bei wem es schwieriger, anstrengender, teurer ist.
Ähnliches können wir häufig auch im Berufsleben beobachten – nichts anderes ist ja Elternsein eigentlich auch. Auch hier entstehen Wettkämpfe darüber, wer in seinem Beruf mehr Herausforderungen, mehr Verantwortung hat. Wer mehr unter Stress steht und weniger Zeit für anderes hat.

In der Ruhe liegt die Kraft!
Ich muss gestehen, ich bin kein guter Sparringspartner für solche Duelle, da ich mich nicht auf sie einlasse. Ich habe durch sie keinen Wissensgewinn, erlebe keine Stärkung für mein Sein. Somit höre ich zwar, was der andere sagt, bilde mir innerlich meine Meinung, äußere mich aber nicht dazu. Natürlich frage ich mich, warum mein Gegenüber eine solche Diskussion in Gang setzt. Vielleicht will er einfach auch nur Anerkennung für das, was er für seine Kinder und seine Familie leistet. Das kann ich verstehen, denn danach sehnen wir uns alle. Nur ist für mich der beschriebene Weg, Anerkennung durch Abwertung, falsch.

Wir geben, was wir können!
Ich weiß, dass ihr alle – mich eingeschlossen – jeden Tag alles gebt, damit ihr und eure Kinder ein gutes Leben und eine gute Zukunft habt. Dafür zolle ich uns den größten Respekt. Aber nicht, weil der eine oder die andere es schwieriger hat, sondern einfach weil wir uns täglich unseren Herausforderungen stellen und uns damit auseinandersetzen. In guten wie in schwierigeren Zeiten…

Die Rasenmäher-Eltern – Wenn das Beschützen zu weit geht

Erziehungsstile und damit einhergehend meist auch die Eltern, werden ja immer wieder sehr gerne und sehr schnell mit irgendwelchen Bezeichnungen beschrieben. Über eine für mich neue bin ich vor Kurzem gestolpert: Die Rasenmäher-Eltern.
Kennt ihr die?

Erklärung
Es handelt sich hierbei um eine Steigerungsform der sogenannten „Helikopter-Eltern“, über die wir ja schon im Beitrag „Ich bin doch kein Hubschrauber“ vor einiger Zeit mit kritischem Auge diskutiert haben. Der mit dem neuen Begriff beschriebene Erziehungsstil meint, dass Eltern ihren Kindern sämtliche Hindernisse, Konflikte und Hürden auf ihrem Lebensweg aus dem Weg räumen, ohne dass diese sich ihnen stellen müssen.
So mischen sich diese Eltern nicht nur in die Konflikte ihrer Kinder ein, sondern sie achten darauf, dass erst gar keine entstehen. Bekommen Kinder schwierige Hausaufgaben, unterstützen die Eltern sie nicht in der Lösungsfindung, sondern erledigen die Aufgaben selber.

Hintergedanke
Ich denke, dass alle Eltern den Impuls kennen, ihre Kinder vor „Schaden“ zu bewahren. Wir möchten ihnen Schmerzen, Verletzungen und auch Frustration ersparen. Im Grunde genommen ist das ein sehr schöner Gedanke, doch müssen wir uns fragen, ob wir damit unseren Kindern tatsächlich einen Gefallen tun. Schließlich besteht das Leben immer wieder aus Hindernissen, aus Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, aus Entscheidungen, die wir treffen und dann vertreten müssen. Und auch wenn wir als Erwachsene es uns oft nicht eingestehen wollen: Auch kleine Kinder sind bereits mit diesen Dingen konfrontiert, sei es in der Spielgruppe oder mit Geschwistern oder auch mit uns Eltern.

Umdenken
Reale Gefahren gilt es natürlich abzuwenden – Rasenmäher – oder Helikopter-Eltern hin oder her. Es geht um Erfahrungen, die unsere Kinder machen sollten: gute, schlechte, herausfordernde, bereichernde. Denn sie können nur daraus lernen. Spüren sie nie die damit einhergehenden Gefühle oder Gedanken, wissen sie nicht, wie sie damit umgehen können oder wie sie bei einem anderen Mal handeln sollen, um es zu vermeiden.
Wir verschwinden als Eltern natürlich nicht. Wir sind stets in der Nähe des Kindes – ähnlich wie ein Auffangnetz, das da ist und im Notfall zum Einsatz kommt. Ansonsten aber eigentlich gar nicht spürbar ist.

Das Schweigen der Kinder

Habt ihr eigentlich auch schon beobachtet, wie oft kleine Kinder von Erwachsenen angesprochen werden – bekannte und unbekannte? „Na, wie heißt du denn?“ „Wie alt bist du denn?“ „Mei, hast du eine nette Jacke an!“ „Och, du schaust aber müde aus!“ „Freust du dich auf den Kindergarten?“ Es gibt unzählige dieser Fragen und Aussagen, die unbestritten von den Erwachsenen nett gemeint sind.

Kindliche Reaktion
Spannend ist in solchen Situationen sowohl die Reaktion der Kinder als auch die Reaktion der Eltern zu beobachten.
Schauen wir uns zunächst die Kinder an, denn ihre Reaktion beeinflusst häufig die der Eltern. Grundsätzlich erwarten die Erwachsenen, die die Kinder angesprochen haben, eine Reaktion ihrerseits. Doch wir alle wissen, wie Kinder sind. Ihnen ist, je jünger sie auch noch sind, egal, was von ihnen erwartet wird. Vor allem, wenn es sich um für sie fremde Menschen handelt. Die häufigste zu beobachtende Reaktion ist Schweigen. Die Kinder sagen einfach nichts, auch wenn sie noch so gut sprechen können. Das wiederum führt zu Verwirrung bei den Fragestellern, die verwundert und manchmal auch pikiert die Eltern anschauen. Als ob diese dafür verantwortlich wären, dass ihre Kinder ihrem eigenen Willen folgen und nicht mit Fremden sprechen.

Erwachsenen-Reaktion
Gut, vielleicht können die Eltern etwas dafür, weil sie ihre Kinder dazu erziehen wollen, nicht gleich mit Fremden zu sprechen oder einfach auf ihr Gefühl zu hören und dem zu folgen. Diese Eltern bringt die Reaktion der Kinder nur wenig unter Druck. Sie lächeln und antworten vielleicht auf die Frage oder verlassen die Situation. Andere Eltern wiederum geraten unter Druck. Sie haben auf der einen Seite das Gefühl, beweisen zu müssen, dass ihr Kind schon sprechen kann und auch „höflich“ ist. Auf der anderen Seite nehmen sie die vermeintliche Schuld auf sich, entschuldigen sich mit irgendeiner Ausrede für das Kind „Es hat heute schlecht geschlafen“ und versuchen die in ihrer Welt peinliche Situation zu durchtauchen.

Erlaubtes Schweigen
Ich war einmal mit Freundinnen samt Kindern frühstücken. Da hat es ein Kind geschafft, den ganzen Vormittag lang kein Wort zu sagen, obwohl alle am Tisch es immer wieder angesprochen haben und auch bekannt war, dass das Kind sprechen kann. Die Mutter des Kindes schwang zwischen entschuldigen, dem Kind leise zureden, dass es doch endlich bitte ein Wort sagen soll, oder einfach Schulter zucken und weiterfrühstücken.

Es heißt doch so schön: Für meine Verwandtschaft kann ich nichts 😉 Ich glaube, wir dürfen uns auch als Eltern diesen Satz ab und zu heranziehen. Denn auch wenn alle Welt dazu tendiert, denn Eltern die Verantwortung für tatsächliches oder vermeintliches Fehlverhalten von Kindern zuzuschreiben, muss man sie doch hin und wieder von dieser Schuld befreien.
Noch viel mehr sollten wir aber dazu übergehen, den Kindern ihre eigene Persönlichkeit zu lassen und ihnen als Person zuzugestehen, dass sie von sich aus entschieden haben, mit dieser fremden oder auch bekannten Person jetzt nicht zu sprechen.

Mein Meeting ist ein Kaffeeklatsch!

Es gibt ja viele Unterschiede in der Wertigkeit, die unsere Gesellschaft zwischen Eltern-Sein und einem bezahlten Beruf macht. Einen davon finde ich immer wieder faszinierend: Meetings.

„Verkaufen“ können
Viele Firmen, egal in welchem Bereich, legen Wert darauf, dass sich ihre Mitarbeiter regelmäßig austauschen. Das wird dann „Abteilungsbesprechung“, „Morgenbesprechung“ oder neu auch „Stand-up-Meeting“ genannt. Dabei wird bei Kaffee und manchmal auch Brötchen und Croissants besprochen, welche Projekte jeder Mitarbeiter hat, mit welchen Klienten gearbeitet wird und welche Schwierigkeiten es gibt. Im Sozialbereich wie auch in meinem Beruf als Psychologin wird das als „Intervision“ bezeichnet. Das heißt, ich nutze meine Kolleginnen zum Austausch, wenn ich bei einer Situation nicht mehr weiter weiß. Oder es werden „Unternehmerfrühstücke“ organisiert, bei denen sich hochrangige Personen beim gemeinsamen Frühstück über dies und das austauschen. Zum Teil werden sogar ganze Klausurtage in teuren Hotels abgehalten, um das Teamgefüge zu steigern oder gemeinsam die nächsten Schritte im Arbeitsjahr zu planen. Diese Meetings sind hoch angesehen und ihre Wichtigkeit für das Klima in der Firma und vor allem die Qualitätssicherung wird stets betont.
Wenn sich nun aber Mütter oder Väter am Vormittag in einem Café treffen, dann wird das als „Kaffeeklatsch“ belächelt. „Ah, warst du mit deinen Freundinnen wieder tratschen.“ Eine Aussage, die wahrscheinlich viele von euch kennen.

Tatsächliche Verschiedenheit?
Doch wo, bitte, ist eigentlich der Unterschied?!
Bei den bezahlten Treffen besteht kaum Zweifel an ihrer Notwendigkeit für das Unternehmen. Auch wenn dabei der Hauptfokus auf der Tagesordnung natürlich das Geschäft betrifft, weiß jeder, dass auch Privates erzählt wird. Und das ist gut so, denn das trägt zum Wohlbefinden der Mitarbeiter bei. Aber ist der Austausch unter Eltern nicht auch für die Firma „Familie“ von großer Wichtigkeit? Es wird doch auch die Qualität der Arbeit von Eltern gesteigert, wenn sie sich austauschen, gegenseitig ihre „Methoden“ erzählen – jene die funktionieren oder jene, die nicht zum Ziel führen? Zudem dient es der Psychohygiene, anderen „Fachpersonen“ erzählen zu können, wenn man gerade als Eltern in einer Phase ist, in der man an seine Grenzen stößt und nicht wirklich weiter weiß.

Die Bezeichnung macht‘s
Vielleicht müssen wir als Eltern auch beginnen unsere Arbeit, besser zu verkaufen, neuere Begriffe für das verwenden, was wir tun. Wir nennen dann diese Treffen auch „get together“ und der Spielplatz wird zu unserem „Konferenzraum“. Oder wir erzählen, dass wir das nächste „Event“ planen und betonen nicht, dass es der Geburtstag unseres Kindes ist. So – bitte um Verständnis, aber ich muss zurück zu meinen beiden Kunden – ich habe einen gemeinsamen Lunch organisiert 😉

„Management Summary“ 😉:
Der Elternberuf hat ein Akzeptanzproblem. Etwas Marketing würde nicht schaden. Daher sollten wir als Eltern beginnen, unsere Tätigkeiten in Zukunft besser zu verkaufen. Vielleicht wird dann besser gesehen, was wir tagtäglich leisten.