Von Gruselclowns und wilden Hexen

Der Fasching/Karneval geht bald zu Ende und ich möchte am Ende dieser „5.Jahreszeit“ eine Beobachtung mit euch teilen. Wir Erwachsene gehen davon aus, dass Kinder vom Fasching begeistert sind. Die bunten Kostüme, das Lachen, die Musik und die vielen Süßigkeiten müssen Kindern doch gefallen.

Das Unheimliche der Maskierung
Doch ich frage mich immer wieder, ob dies alles nicht auch viel Unheimliches für unsere Kinder birgt.
Nicht nur, dass ein tatsächlicher körperlicher Größenunterschied besteht, der die Figuren für Kinder oft noch unheimlicher macht. Dies kann durch das Verhalten der „Narren“ noch verstärkt werden. Eine Hexe soll mit ihrer Maske Furcht bewirken. Ein Clown hat einen riesengroßen Mund, eine große rote Nase und auch die Füße sind überdimensioniert. Alles ist im Fasching ein wenig lauter, ein wenig bunter, weil die Maskierung Erwachsenen auch den Schutz gibt, eine Seite auszuleben, die im normalen Alltag keinen Platz hat.

Vorsicht muss erlaubt sein
Lasst uns in der Position eines Kindes bleiben. Ein Kind versteht nicht von Anfang an, dass hinter der ganzen Maskierung ein „normaler“ Erwachsener steckt. Sie sehen nur das, was vor ihnen steht, und das löst Gefühle aus. Und manchmal kann das auch Angst und Furcht sein. Da möchten sie beim Faschingstreiben lieber einen Schritt zurückgehen oder sich gar hinter Mutter und Vater verstecken. Und das ist nun mit ein entscheidender Punkt für das Kind: Bekommt es die Möglichkeit, sich alles aus einer sicheren Entfernung anzusehen? Denn eines ist klar: Bei aller Ängstlichkeit bleibt beim Kind auch die Neugier: Es möchte sich den Clown schon ansehen oder mit einem Auge beobachten, was die Hexe macht.

Ein Appell für die Beobachtung
Ich glaube, wir müssen als Erwachsene hier sensibel sein – weg von der Überzeugung, dass jedem diese Narrheiten gefallen müssen. Denn ganz ehrlich: Sind nicht auch für uns manche Hexen und Clowns unheimlich?! Und sind nicht auch wir froh, wenn sie uns am Faschingsumzug unbeachtet lassen und an uns vorbeiziehen?!
So unterstützen wir unsere Kinder meiner Meinung nach darin, dass sie keine Masken tragen müssen, sondern ihre Gefühle offen und ehrlich zeigen. Wir lassen  ihnen die Möglichkeit, sich im Hintergrund zu halten und aus dieser Distanz entdecken, ob sie Faschingsnarren sind oder eher wieder die ruhige Zeit bevorzugen. Sie können ja dann im nächsten Jahr auf neue Entdeckungsreise in dieser außergewöhnlichen Zeit gehen…

Kinder! Essenszeit!

Essen nimmt in unserem Leben einen wichtigen Platz ein. Wir Erwachsene treffen uns auch mit Freunden und gehen gemeinsam Essen, zelebrieren dies manchmal einen ganzen Abend lang. Doch geht es um das Essen mit Kindern, kommt unweigerlich das Gefühl von Hektik auf.
Immer wieder frage ich mich, warum das Essen mit Kindern für uns Erwachsene schon von vornherein eine Stresssituation ist. Dabei wollen Kinder essen. Schon von klein auf sind sie neugierig auf Nahrungsmittel. Sie wollen sie erkunden, probieren, manchmal natürlich auch ablehnen.

Reine Sättigung vs. Familienzeit
Das Ritual des Essens kann mehrere Zwecke erfüllen. Es dient auf der einen Seite der Nahrungsaufnahme, der Sättigung. Auf der anderen Seite bringt es die Familienmitglieder auch an einem Tisch zusammen. Es ist eine Zeit für Unterhaltung und gegenseitiges Wahrnehmens.
Wir können beobachten, dass Familien dieses Ereignis sehr unterschiedlich gestalten. Für manche geht es nebenher. Da wird einmal ein Bissen genommen, dann laufen die Kinder wieder herum. Es ist eine ständige Unruhe, in der man sich nicht unterhalten kann. In anderen Familien wiederum sind es stundenlange Rituale, in denen die Kinder so lange sitzen bleiben müssen, bis auch die Erwachsenen ihren Teller leer gegessen haben.

Genusserleben schon von Anfang an
Ich komme bei diesem Thema nicht an folgender Frage vorbei: Sollte Essen nicht genussvoll sein, eine sinnliche Erfahrung? Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man vor allem im Alltag das Gefühl hat, Essen muss einfach nur schnell erledigt werden. Doch ist es nicht gerade unter diesen Bedingungen wichtig, gemeinsam am Tisch zu sitzen und die Zeit für ein gemeinsames Gespräch zu nutzen?
Gleich vorweg: Kinder können nicht stundenlang sitzen. Wenn sie ihren Teller aufgegessen haben, dann möchten sie aufstehen und wieder hin zu neuen Abenteuern. Aus der Erfahrung und der Beobachtung habe ich gelernt, dass es dann gut ist, die Kinder ziehen zu lassen. Wenn sie lernen, dass sie aufstehen können, sobald sie fertig gegessen haben und nicht warten müssen, bis es auch die Erwachsenen sind, dann finden sie die Ruhe zum Essen. Sie lernen gleichzeitig auch zu beobachten, ob sie wirklich satt sind. Denn ein Hin und Her gibt es nicht. Wenn der Tisch zum Spielen verlassen wurde, dann ist das Essen auch beendet.

Essen als etwas Wertvolles
Essen sollte nie nur nebenher passieren. Essen sollte eine Wertigkeit im Familienalltag bekommen, bei dem alle zusammensitzen, die gerade zu Hause sind und gemeinsam genießen. Und nicht immer sind es die Kinder, die warten müssen: Manchmal sind es die Kinder, die gerade diese gemeinsame Zeit sehr genießen und die Eltern neben dem Essen mit den abenteuerlichsten Erzählungen erfreuen.

Schlaf Kindlein schlaf… aber Wo?

Kennt ihr auch dieses abendliche Sitzen am Bett eures Kindes und Warten, dass es einschläft? Das scheint dann auch so zu sein. Doch sobald ihr aufsteht, sehen euch wieder zwei hellwache Augen an und alles beginnt von vorn? Oder kennt ihr auch das nächtliche Geräusch der tapsenden Füße über den Boden in Richtung eures Schlafzimmers?

Ich kenne das nur zu gut, sowie auch den Blick, den mein Mann und ich uns dann zuwerfen. Eines unserer Kinder ist im Anmarsch und nimmt Kurs auf unser Bett. Und dann kommt die entscheidende Frage: Heben wir die Bettdecke und lassen es darunter schlüpfen, oder heben wir die Bettdecke und stehen auf, um es wieder in sein Zimmer zurückzubringen.

Mittelweg
Es gibt unterschiedliche Ansichten, was diese Frage anbelangt. Es gibt die Meinung, dass ein Kind niemals im Elternbett schlafen sollte, da es dann nie im eigenen schläft. Oder es gibt die Vertreter des sogenannten „Familienbetts“, in dem alle Familienmitglieder gemeinsam schlafen.
Wie in so vielen Bereichen der Erziehung ist es auch hier eine Frage der Abwägung.
Hin zur Entscheidung komme ich nicht umhin, mich folgende Dinge zu fragen: Wieso kommt mein Kind? Ist es krank und fühlt sich nicht wohl? Hat es schlecht geträumt und braucht das Gefühl von Schutz und Nähe? Und dann stelle ich mir mich selber vor: Will ich in so einer Situation allein sein?

Gefühl von Schutz
Die Nacht und ihre Dunkelheit hat etwas Unheimliches. Ein Kind muss erst lernen, zu vertrauen, um in diesen Stunden allein sein zu können. Nicht ohne Grund brauchen viele Kinder die Nähe ihres Lieblingskuscheltieres. Manchmal reicht diese Nähe jedoch nicht aus. Es sind dann die Eltern, die das Gefühl von Schutz vermitteln müssen.
Ändern wir zum Abschluss noch den Blickwinkel und gehen weg von der Sorge, dass unser Kind dann ewig in unserem Bett schläft – denn irgendwann wird es ganz sicher die Privatsphäre des eigenen Bettes bevorzugen: Wenn wir als Eltern nur durch unsere bloße Anwesenheit einem Kind das Gefühl von Geborgenheit vermitteln können, sodass es sich in die Schutzlosigkeit des Schlafes fallen lässt, ist das nicht das größte Kompliment? Und wenn wir durch diese an sich einfache Handlung Ruhe in die Nächte bringen, sollten wir das dem Kind und auch uns selber verwehren?!

Mein Bereich – Dein Bereich!

Ein Kind – und sei es noch so klein – ist eine eigenständige Persönlichkeit und hat entsprechende Rechte. Diese gilt es zu respektieren und einzuhalten. Warum? Das will ich euch anhand eines kleinen Beispiels zeigen:
Aktuell in der Grippezeit ist bei Kindern häufig eine rinnende Nase zu beobachten. Oft kommen Eltern mit dem Naseputzen gar nicht mehr nach.

Kleines Experiment
Folgende Situation: Mutter und Kind gehen in den Supermarkt einkaufen. Die Mutter steht gerade beim Obst und sucht Äpfel aus, während das Kind im Kinderwagen sitzt. Da kommt eine Mitarbeiterin des Supermarktes, geht auf das Kind zu, nimmt ein Taschentuch und putzt ihm die rinnende Nase.
Jetzt lasst uns gedanklich die Situation etwas verändern: Ein erwachsener Mann sitzt auf einer Bank im Park. Er hat beide Arme in einem Gipsverband. Er unterhält sich gerade angeregt mit einem ihm eigentlich Fremden. Da nimmt dieser ein Taschentuch aus der Hose und putzt dem Mann mit den Gipsarmen die Nase.

Was wird ausgelöst?
Wenn ihr nun diese beiden Beispiele vergleicht, welche Bilder entstehen in euch?
Üblicherweise befremdet uns die Situation mit dem Erwachsenen sehr. Wir empfinden es als übergriffig und können uns gar nicht vorstellen, dass so etwas passiert. Im Unterschied dazu ist für viele die Situation bei dem Kind normal. Aber warum eigentlich? Warum tendieren wir dazu, Kindern hinsichtlich ihres Körpers nicht die gleichen Rechte zuzugestehen wie Erwachsenen? Wir können häufig beobachten, wie Erwachsene im Vorbeigehen einem Kind einfach über den Kopf streicheln oder einem Baby im Kinderwagen die Wange tätscheln.

Respekt und Eigenständigkeit
Für die Entwicklung eines Kindes ist es von Geburt an wichtig, dass es als eigenständige Persönlichkeit respektiert wird. Und dazu gehört auch, dass Erwachsene die körperlichen Grenzen akzeptieren und vor allem respektieren. Versteht mich nicht falsch: Natürlich muss dem Kind die Nase geputzt werden. Aber den Erwachsenen, der auf Grund seiner Verletzung eingeschränkt ist, würden wir fragen, ob er Hilfe braucht. Diesen Respekt müssen wir lernen, auch Kindern gegenüber entgegen zu bringen.
Nicht nur, dass ein Kind ein Recht darauf hat, dass diese Grenze respektiert wird, es lernt auch zukünftig, dies Grenze zu verteidigen.

„Es tut mir leid!“

Es sind große Worte, die uns nicht immer leicht fallen, jedoch auch unseren Kindern gegenüber sehr wichtig sind. Eltern sind nicht perfekt. Sie fühlen sich manchmal nicht wohl, haben Sorgen oder sind einfach mit dem falschen Fuß aufgestanden. Dann kann es sein, dass auch sie nicht in jeder Situation ruhig sind oder sich ihren Kindern gegenüber unfair verhalten. Nun stellt sich die Frage: „Wie gehe ich als Mutter oder Vater damit um?“

Zug fährt ein, Rad fällt um
Beispiel gefällig? Eine Mutter war mit ihren zwei Kindern nach einem Ausflug auf dem Weg nach Hause. Alle waren müde. Sie warteten am Bahnhof auf den Zug. Die Frau war mit dem Kinderwagen unterwegs. Das ältere Kind hatte das Laufrad dabei. Als der Zug kam, wurde die Frau hektisch. Sie fuhr ihre ältere Tochter an, sie soll endlich vom Laufrad absteigen, damit sie es nehmen kann. In der Hektik verfing sich die Jacke des Kindes am Lenkrad und alles fiel um. Die Mutter schimpfte mit ihrer Tochter, zerrte sie an der Jacke hoch und schob sie in den Zug.
Als sie alle saßen und alles verstaut war, sah sie ihre Tochter und beobachtete, wie ihre Unterlippe zitterte und die Augen ganz rot waren.

Wichtig: Größe zeigen!
Und hier kommt nun der entscheidende Punkt. Wie würden wir reagieren?
Wir können als Erwachsener weiter auf das Kind einreden, dass es doch aufpassen hätte sollen und dass es doch gesehen hat, dass sie eh schon vollbepackt waren. Oder wir wählen einen anderen Weg und entschuldigen uns. Wir nehmen das aufgelöste Kind in den Arm und erklären ihm einfach, was passiert ist. Wir müssen doch einem Kind gegenüber auch zugeben können, wenn es unser Fehler war und wenn wir nicht fair zu ihm waren. In dem angeführten Beispiel sagen wir dem Kind, dass wir gestresst waren und Angst hatten, dass etwas passiert, aber dass es nicht richtig war, so mit ihm zu sprechen.
Was das beim Kind bewirkt, ist unbezahlbar. Denn es lernt, dass Eltern Fehler machen und dass sie dazu stehen. Und es spürt selber, wie wichtig es für das Gegenüber ist, zuzugeben, wenn man im Unrecht ist.

Wir können als Eltern nicht jede Situation im Griff haben. Aber wir können unsere Reaktion danach bestimmen. Und die ist es, die unsere Kinder prägt!

Kein Plan? Gut so!

Kennt ihr als Eltern auch die Situation an Regentagen oder auch an diesen kalten Tagen, wie wir sie Anfang des Jahres hatten? Man kann mit den Kindern im Freien nicht wirklich etwas unternehmen. Immer wieder beschreiben Eltern hier das Erleben von Druck und den sorgenvollen Blick auf die Wettervorhersage. Sie stellen ein großes Unterhaltungsprogramm für drinnen auf. Zerbrechen sich den Kopf, was sie den Kindern alles bieten können, damit ihnen nur nicht langweilig wird.

Entdeckung einer neuen Welt
Doch habt ihr schon einmal folgenden Versuch gestartet?: Ihr macht euren Kindern überhaupt kein besonderes Angebot. Ihr seid einfach anwesend und schaut, was passiert. Es entsteht etwas Wunderbares!
Kinder sind ungemein kreative Wesen, die aus dem vermeintlichen Nichts etwas Tolles erschaffen können. Da wird aus ein paar Kissen und einer Decke ein Bus, der sich links und rechts in die Kurve legt. Duplo-Steine sind die Zutaten für ein aufwändiges Drei-Gänge-Menü. Oder zwei Kochlöffel werden zu Schistöcken und die Wohnung zu einer Schipiste.
Die Kinder sehen eine Welt, die uns als Erwachsenen verborgen bleibt, weil wir uns unter Druck sehen, nur ja keine Langeweile aufkommen zu lassen. Wir haben das Gefühl, wenn am Schluss eines Spiels kein Produkt entsteht, das Kind nicht offensichtlich etwas gelernt hat, war es Verschwendung.

Lasst euch darauf ein!
Bestärkt wird dieses Vorgehen übrigens durch aktuelle Ergebnisse aus der Neurobiologie, u.a. von Gerald Hüther. Kinder können ihre Kreativität, ihre Interessen und Fähigkeiten nur entdecken, wenn sie spielerisch erkunden dürfen, wenn sie ohne Druck und ohne ständige Anleitung ausprobieren dürfen.
Diesen Überlegungen gedanklich zu folgen und sie in der Praxis auszuprobieren, bewirkt Phantastisches auf zwei Seiten: Den Eltern nimmt es den Druck, zu Hause ein großes Unterhaltungsprogramm zu bieten, und das schlechte Gewissen, wenn die Kinder am Nachmittag „einfach einmal nur zu Hause“ sind. Und bei den Kindern kann die Entstehung einer phantastischen Welt beobachtet werden, die wir in unserem zu Hause selber gar nicht vermutet hätten.

Zudem tut uns Erwachsenen ein Mitgehen und Verlieren im Spiel des Kindes selber wieder gut. Es lässt auch unsere Kreativität neu aufblühen!

Einen Moment! Ich hab’s gleich!

Ich möchte gerne eine Ergänzung zu meinem letzten Blog-Beitrag vom 2.2.2017 schreiben. Es gibt zwei wichtige Dinge in diesem Zusammenhang, die ich gerne ansprechen möchte: „Geduld“ und „Umgang mit Fehlern“.

Immer mit der Ruhe
Wenn Kinder Sprache lernen, probieren sie sie aus. Immer mehr gewinnen sie Freude an dieser Fähigkeit. Und manchmal stoßen sie dabei natürlich auch an ihre Grenzen. Da möchten sie etwas mitteilen und ihnen fällt das Wort nicht ein. Oder sie hatten gerade einen Gedanken, der ganz schnell wieder verschwunden ist. Dennoch möchten sie ihn eigentlich noch zu Ende überlegen.
Und nun kommt mein Aufruf zur Geduld!
Lassen wir als Erwachsene den Kindern die Zeit, um zu überlegen. Wenn sie ein Wort suchen, sollten wir einfach abwarten, bis sie es gefunden haben oder sie uns um Hilfe bitten. Dieses Aufbringen von Geduld ist für ein Kind unendlich wichtig, denn es merkt, dass ihm wirklich zugehört wird, und dass es den Raum für seine Erzählungen bekommt. Zudem: Wissen wir wirklich automatisch, was das Kind uns erzählen will?!

Tu schön sprechen!
Ein weiterer sensibler Punkt ist die Frage des Ausbesserns.
Ich möchte meine Überlegung anhand eines Beispiels zeigen.
An der Bushaltestelle habe ich ein Kind beobachtet, das voller Überschwang seiner Mutter ein Erlebnis mit seinem besten Freund erzählt hat. Dabei haben sich vor lauter Freude über die Geschichte in seinen Sätzen manche Worte verdreht und die Grammatik hat nicht mehr ganz gestimmt. Und die Mutter hat gelacht und nur gemeint „Wie erzählst du denn?“ Das Kind hat sie verwirrt angesehen und sich weggedreht. Die Erzählung war vorbei.

Natürlich sollen Kinder die richtigen Worte lernen, üben, sie richtig auszusprechen oder auch Sätze richtig zu konstruieren. Doch der Weg dahin ist ein sehr sensibler. Denn wenn wir als Erwachsene im Prozess des Lernens beim Kind ständig dazu tendieren, es nur zu korrigieren, dann wird es aufhören, Freude am Erzählen zu erleben.

Besserwisser
Lasst uns zum Abschluss einen kleinen Rollentausch machen: Wie ginge es uns, wenn wir in einer Unterhaltung keine Zeit zum Überlegen bekommen? Wenn das Gegenüber meint, es besser zu wissen? Oder wenn ein anderer uns auslacht, wenn wir etwas erzählen?
Die meisten von uns würden wahrscheinlich jede Unterhaltung mit dieser Person meiden. Wir können daher froh sein, dass Kinder nicht nachtragend sind und trotzdem wieder kommen und uns mit ihren Geschichten erfreuen.

BALL, BBBBALL, BAAAALLLL, BALLL, BALL! Und wie lernt dein Kind sprechen?

Ein Kind dabei zu erleben, wie es sprechen lernt, ist für Eltern eine sehr besondere Phase. Zum ersten Mal seine Stimme zu hören, berührt sehr. Doch wie können Eltern ihre Kinder im Lernen unterstützen? Natürlich lernen Kinder am besten durch Wiederholungen. Eltern können sich also mit ihren Kindern hinsetzen, Bilder ansehen und immerzu das Wort wiederholen. Doch macht das beiden wirklich Spaß? Nun stellen wir uns aber einmal vor, dass wir auf diese Art eine Fremdsprache lernen sollen. Da verlieren wir doch auch recht bald die Freude daran!

Lustvolles Lernen
Viel lustvoller ist das Lernen doch im Zusammenhang mit einer Unterhaltung oder verpackt in einem Spiel. Vielen Eltern fällt es schwer, sich vorzustellen, dass ein Kind das Sprechen lernt, einfach „nur“ weil wir mit ihm reden. Doch beobachtet euer Kind, während ihr ihm etwas erzählt. Wobei der Inhalt vollkommen egal ist. Ihr seht dann faszinierte Kinderaugen, die auf eure Lippen starren. Manchmal greifen sie auch nach den Lippen und berühren sie, während ihr sprecht. Kinder formen ihre Lippen, während ihr sprecht, und versuchen euch nachzuahmen. Oder sie imitieren den Klang eines Wortes, auch wenn sie zunächst noch gar nicht wissen, was sie sagen. Natürlich unterstreicht ihr eure Unterhaltung mit Bildern oder mit Gesten, damit das Kind erkennt, was ihr meint. Aber alles findet im Rahmen eines Gesprächs statt und nicht in einem Lehrer-Schüler-Verhältnis.

Kinder mit Geschwistern
Diese Art des Sprechenlernens ist bei Kindern mit Geschwistern sehr eindrücklich zu beobachten. Denn ein älteres Geschwister setzt sich selten mit dem anderen mit einem Buch hin und betont einzelne Worte. Vielmehr redet es einfach mit ihm, erzählt ihm vielleicht Geschichten aus diesem Buch. Sie unterhalten sich und wenn sie sich nicht ganz verstehen, dann verwenden sie Hände und Füße dazu. Sie spielen miteinander und benennen dabei Dinge oder Figuren.

Lernen in der Beziehung
Kinder sind interessiert und neugierig. Sie wollen Dinge entdecken. Ihr Gehirn ist wie ein Schwamm. Es saugt alles auf, was ihm begegnet. Und genauso wollen sie die Sprache entdecken. Die Aufgabe von Eltern ist es, den Kindern nicht nur die Notwendigkeit des Erlernens einzelner Worte beizubringen, sondern vor allem auch die Faszination von Sprache. Und wenn dies dann noch zusätzlich im Rahmen eines gemeinsamen Gesprächs stattfindet, ist es umso lustvoller und für die Beziehung eine unbezahlbare Bereicherung!