Hier geht’s lang!

… oder besser: „Hier könnte es langgehen!“

Wer bestimmt das Ziel des Sonntagsausfluges?

Wir haben ja schon ein paar Mal Veränderungen besprochen, die die Entscheidung für eine Familie mit sich bringt.
Heute stellen wir uns die Frage, wer denn das Ziel eines Ausfluges bestimmt bzw. nach wessen Interessen man sich orientiert. Das Wetter der vergangenen Wochen war traumhaft, das Angebot an Möglichkeiten riesig. Das ging von einer Tierausstellung über Kinderfeste hin zu den unterschiedlichsten Sportveranstaltungen, Märkten und Museumsangeboten. Nach dem samstagmorgendlichen Blick in die Zeitung beginnen dann die internen Diskussionen. Sucht man sich ein Ziel aus, das vor allem den Kindern Spaß macht oder sollten sich die Kinder den Wünschen der Eltern unterwerfen.

Beispiel
Eine Freundin erzählte mir zu diesem Thema folgende Sequenz: Es war ein wunderschöner Herbstsonntag und in ihrer Gemeinde wurde eine Ausstellung in einem alten Museum angeboten. Diese wollten sie und ihr Mann sehr gerne besuchen. Auch der Weg dahin hätte eine schöne herbstliche Wanderung bedeutet. Doch dann ging die Diskussion los: Ist das etwas für die kleinen Kinder? Gefällt ihnen das? Werden sie sich langweilen? Werden sie da auch hin wandern? Gibt es dann dort auch ein Kinderprogramm?
Ich glaube, wir können uns alle den Verlauf des Gesprächs vorstellen.

Wessen Bedürfnisse sind bestimmend?
Dieser Einigungsprozess muss grundsätzlich bereits stattfinden, wenn man sich für eine Partnerschaft entscheidet. Es ist dabei insofern jedoch noch einfacher, als die Erwachsenen auch getrennt voneinander etwas unternehmen können, wenn die Interessen auseinandergehen. Sind jedoch Kinder mit im Spiel, ist das nicht mehr so einfach. Denn ein Elternteil sollte sich auf jeden Fall um die Kinder kümmern.
Meine Freundin schilderte, dass ihnen die Familienzeit am Wochenende sehr wichtig ist. Nur ist die Frage, ob die Ausflüge nur nach den Bedürfnissen der Kinder ausgerichtet sein sollten, oder ob Kinder auch lernen sollten, in einem anderen Programm mit Hilfe ihrer Phantasie sich etwas zu schaffen, das ihnen dann gefällt.

Vergleichsbespiel „Essen“
Wir haben im Gespräch dann folgenden Vergleich gefunden: So kenne ich diesen inneren Konflikt zum Beispiel auch beim Essen. Unsere Kinder sind völlig unkomplizierte Esser und essen nicht nur Schnitzel und Pommes. Sie sind auch Neuem beim Essen sehr aufgeschlossen. Da darf ich mich als „Köchin“ nicht beschweren. Was ich aber als Esserin einfach gerne zwischendurch hätte, ist scharfes Essen. Da dies aber kein kindgerechtes Essen ist, habe ich in diesen Fällen begonnen zwar für alle das gleiche zu kochen, aber am Ende des Fertigstellungsprozesses dann eine Kinderversion und eine Erwachsenenversion zu machen. Das heißt, wir haben grundsätzlich das gleiche Geschmackserlebnis, wir als Erwachsene halt etwas schärfer.

Die Lösung ist und bleibt der Kompromiss
Ähnlich hat sich die Familie meiner Freundin auch entschieden: Der Museumsbesuch fand statt, wie auch die Wanderung dahin. Aber die Gewichtung wurde ein wenig verlagert: Der Wanderung wurde mehr Zeit eingeräumt, sodass der Entdeckungsimpuls der Kinder ausreichend Platz bekommen hat und auch das Tempo an die Schritte der Kinder angepasst werden konnte. Beim Museumsbesuch haben sich die Eltern dann abgewechselt in der Kinderbetreuung.

Ich denke, dass beide Beispiele eine deutliche Aufgabe als Familie zeigen: Das Finden von Kompromissen. Alle Beteiligten haben ihre Bedürfnisse und Interessen, die es zu vereinen gilt, sodass gemeinsam Zeit verbracht werden kann, alle aber auch als Individuen noch Platz haben, wenn auch der eine einmal mehr als der andere.

Selbstreflexion

tja, ähm – und ihr so?

Wenn Kinder uns Erwachsene sprachlos machen!

Gerade in der heutigen Zeit, in der Bücher, die betonen, dass unsere Kinder Tyrannen sind oder dazu erzogen werden, in den Bestsellerlisten der Erziehungsratgeber stehen, ist es mir ein großes Bedürfnis, folgendes Erlebnis mit euch zu teilen.

Zwischen Traurigkeit, Zorn und Rührung
Es wurde mir von einer Mutter im Rahmen einer Veranstaltung erzählt.
Sie berichtete von einem Tag, der sie emotional sehr aufgewühlt hat. Als sie das Erlebte ihrem Mann erzählte, schwankte sie stets zwischen Trauer und Zorn. Es rannen ihr die Tränen oder sie sprach auch ein wenig lauter, weil sie einfach so wütend war. Im selben Raum, in dem sie ihre ganzen Emotionen auslebte, befand sich auch ihre dreijährige Tochter. Die Frau berichtete mir, dass sie ihre Tochter zwar wahrnahm und sie auch irgendwo tief in sich wusste, dass sie durch die Gefühle der Mutter irritiert sein könnte, aber es musste einfach alles raus.
Was dann passierte, brachte die Mutter schließlich vollkommen aus der Fassung – aber vor Rührung. Ihre Tochter war die ganze Zeit über, in der ihre Eltern miteinander sprachen, still. Doch ließ sie offensichtlich ihre Mutter nie wirklich aus den Augen. Denn plötzlich sagte sie ganz vorsichtig: „Mama! Soll ich dir ein Tüchlein bringen?“ Sie stand auf, ohne die Antwort abzuwarten, ging zur Schublade mit den Taschentüchern, die eigentlich für die Schnupfnasen der Kinder im Herbst vorgesehen waren, nahm eines heraus und gab es ihrer Mutter. Dann ging sie ohne ein weiteres Wort zu sagen zurück zu ihrem Spiel.

Sprachlosigkeit
Als diese Mutter mir ihre Geschichte erzählte, habe ich gemerkt, wie ich eine Gänsehaut bekomme, aber auch völlig sprachlos wurde. Wie wunderschön ist das, bei einem so kleinen Kind diese Empathie zu erkennen?
Ehrlich gesagt, bin ich auch jetzt noch sprachlos und möchte daher die Geschichte einfach so stehen lassen und würde mich über Rückmeldungen von euch freuen, was dieses Ereignis mit euch macht! Vielleicht könnt ihr mir ja auch ähnliche Beispiele liefern, die dem aktuellen Trend entgegenwirken und den Kindern gerecht werden.

Kinder lesen!

… die Digitalisierung passiert uns nicht – wir gestalten sie! Was meint ihr?

Hin und wieder verwöhnen streichelt die Seele aller

Heute traue ich mich einmal an ein sensibles Thema heran. Wobei ich versuchen möchte, einen speziellen Aspekt mit euch zu diskutieren.

Kann ich das haben?
Alle Eltern kennen die heikle Situation des Einkaufens. Geht man mit Kindern in den Lebensmittelladen oder gar in ein Spielwarengeschäft, kommt unweigerlich die Frage „Kann ich das haben?“ Und dann geht die Diskussion los – sowohl die zwischen Eltern und Kind, als auch in uns als Eltern selber. Ich muss aber zugeben, dass ich immer wieder gemerkt habe, dass sich die Gedanken in meinem Kopf weniger darum drehen, ob ich den Konflikt mit meinem Kind in der Öffentlichkeit scheue, denn das tue ich immer weniger.

Meine Frage dreht sich um einen anderen Punkt:
Das Leben von Kindern wird sehr stark von außen bestimmt. Erwachsene bestimmen, wann es Essen gibt, wann sie ins Bett gehen, was sie zu essen bekommen, ob sie Schokolade bekommen usw. Als Erwachsener ändert sich hier einiges, wenn auch nicht alles. Ich kann zum Beispiel selber meinen Gelüsten nachgehen und mir am Abend zum Fernsehen noch eine Schokolade gönnen. Ich muss nur meine innere Stimme überhören, die mich aber nicht real davon abhält, den Schrank zu öffnen und die Süßigkeit herauszunehmen.
Ähnlich ist es für mich als Erwachsener in Geschäften – bei mir besonders gefährlich: ein Büchergeschäft. Auch wenn ich schon zwei neue Bücher in der Hand habe, aber noch einen tollen Krimi entdecke, von dem ich das Gefühl habe, ihn unbedingt zu brauchen, kann ich hingehen und dieser Leidenschaft nachgehen. Ich drehe vielleicht noch zwei Runden um das Regal, aber schlussendlich kann ich mir das gönnen.

Die Grenzen im Leben eines Kindes
Ein Kind erlebt das anders. Es ist immer abhängig von der Zustimmung des Erwachsenen.
Versteht mich recht: Wir haben als Eltern auch Verantwortung und dürfen nicht immer den Wünschen unserer Kinder nachgeben – schließlich können wir das bei unseren eigenen ja auch nicht. Aber wir müssen auch das Bedürfnis unserer Kinder verstehen, dass sie sich manche Dinge, die sie entdecken, wirklich wünschen.
Und ich denke, wir als Eltern kennen unsere Kinder so gut, dass wir abschätzen können, ob das nur eine Begierde in der aktuellen Situation ist oder ob die Freude über das Gekaufte länger anhält. Auch wissen wir, ob wir ihnen bereits im vorherigen Geschäft oder beim gestrigen Einkauf etwas geschenkt haben.

Es ist eine Sache der Abwägung, auch unseren Kindern einfach aus Freude ohne Anlass etwas zu schenken und die Freude in ihren Augen zu erleben. Kontraproduktiv ist es aber, sie so zu verwöhnen, dass sie den Wert von Geschenken nicht mehr erkennen oder sogar verlernen, sich über Kleinigkeiten zu freuen.

Mutig rein ins Abenteuer!

Der Mensch neigt dazu, immer wieder seine Grenzen auszutesten. Manche suchen ihre Herausforderung in den Bergen: Welche Höhe können sie noch erwandern? Andere nehmen im Winter bevorzugt die schwarzen Pisten, um zu erfahren, ob sie sie bewältigen können. Manch einer dagegen besucht Freizeitparks und probiert immer waghalsigere Achterbahnen aus. Ziel kann dabei sein, seine Grenzen auszuloten, Nervenkitzel zu suchen oder hin und wieder auch der Weg zur Selbsterfahrung, wenn zum Beispiel der Jakobsweg erlaufen wird.

Herausforderung gefunden
Ich halte mich selber nicht für einen besonders mutigen Menschen. Ich mag Höhe nicht so gerne, nehme eher die gemütlichen Pisten im Winter und mag gerne Wanderwege, bei denen ich nicht darauf achten muss, ob ich noch genügend Luft bekomme, sondern auch die Aussicht genießen kann. Dennoch frage ich mich manchmal, ob ich mit meiner Entscheidung zur Mutterschaft nicht die mutigste Entscheidung getroffen habe, die ein Mensch treffen kann – und das wahrscheinlich noch, ohne wirklich alle Konsequenzen gekannt zu haben:

  1. Grenzerfahrung
    In welchem Sport gibt es mehr Grenzerfahrungen, als in der Elternschaft? Wenn ein trotziges Kind vor dir steht und du dir die Haare raufst, weil du keine Lösung für die Situation weißt? Oder wenn du, selber müde vom Tag, dich nur noch nach dem Bett sehnst, dein Kind aber gerade an diesem Abend nicht einschlafen kann. Alle Eltern können nachfühlen, dass diese Erfahrung der eigenen Belastungsgrenzen bzw. der Erschöpfung durch nichts zu übertreffen ist.
  2. Adrenalin
    Ich glaube, dass ich noch nie einen solchen Adrenalinschub verspürt habe, als wenn eines meiner Kinder plötzlich schmerzerfüllt aufschreit. Es kann sich zwar um einen folgenlosen Unfall handeln, aber im ersten Moment ist mein Körper überschüttet vom Stresshormon, das Herz rast und im Kopf surrt alles.
  3. Selbsterfahrung
    Mein Leben ist auf Grund meines Berufs stetig begleitet von professionellen Selbsterfahrungssitzungen. Und dennoch habe ich in meiner bis jetzt vier Jahre andauernden Mutterschaft durch meine Kinder beinahe mehr über mich selber gelernt als durch jede Fachkollegin. Sie sind ehrlich und konfrontieren dich. Sie spiegeln dir dein Verhalten. Zudem werde ich auch wieder mit meiner eigenen Kindheit konfrontiert – aus der Sicht als Kind, als auch aus Sicht der Eltern.

Größte Mutprobe
Kurz und gut würde ich mich trauen zu sagen, dass die Entscheidung, Eltern zu werden, die Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen, die größte und vor allem lebensbegleitendste Mutprobe ist, die wir treffen können. Gleichzeitig ist und bleibt es die dankbarste und erfüllendste Sache, für die man sich entscheiden kann.

Das „Spiel“ mit der Angst

Eltern sind ja manchmal sehr „kreativ“, wenn es darum geht, bei ihren Kindern unerwünschtes Verhalten zu verhindern.

Wer muss die Verantwortung übernehmen
Mögliche Aussagen sind zum Beispiel „Der Nasenbär wird dir die Nase stehlen, wenn du nicht aufhörst, darin zu bohren“ oder „Die Hände werden dir noch abfallen, wenn sie so schmutzig sind.“ Oder auch ganz beliebt: „Wenn du dir die Zähne nicht ordentlich putzt, sammeln sich da kleine Männchen drin und bauen sich ein Haus in den Löchern.“
Für den Erwachsenen mögen die Aussagen auf der einen Seite zwar lustig sein und primär das Ziel im Vordergrund haben, das unerwünschte Verhalten zu beenden. Jedoch dürfen wir dabei unsere „Macht“ als Erwachsene nicht unterschätzen: Denn Kinder glauben, was wir ihnen sagen. Sie vertrauen auch darauf, dass wir es ernst mit ihnen meinen. So birgt die beschriebene Vorgehensweise natürlich, dass das Kind Angst entwickelt.
Manchmal neigen Eltern auch dazu, die Erziehungsverantwortung an andere Figuren abzugeben – beliebt sind da der Nikolaus oder auch Angstfiguren aus dem Kasperltheater.

Zwei Punkte zu beachten
1. Es darf nicht das Anliegen von Eltern sein, Kindern Verhalten mit Angst abzugewöhnen. Wir müssen uns die Zeit nehmen, ihnen zu erklären, warum wir ein Verhalten nicht sehen wollen oder warum es ihnen auch schadet.

2. Eltern sollten auch die Verantwortung für ihre Ansichten übernehmen. Manchmal ist es einfacher den bösen „Cop“ an jemand anderen abzugeben und zu sagen „Wenn du dir den Schnuller nicht bald abgewöhnst, kommt der Nikolaus mit dem Krampus und reißt ihn dir aus der Hand“. Doch schlussendlich ist es der ehrlichere Weg dem Kind zu sagen, dass wir als Eltern der Ansicht sind, dass es inzwischen zu alt für einen Schnuller ist und es zudem den Zähnen schadet. Und gerade weil wir es da beschützen wollen, wird der Schnuller nun weggenommen. Dann ist das Kind wahrscheinlich eine Zeit lang wütend auf uns, doch bleibt es unsere Aufgabe, das auszuhalten.

Schon in meinem Beitrag über „Wo Ironie fehl am Platz ist“ habe ich die Bedeutung betont, Kinder ernst zu nehmen und Kinder nicht zu veräppeln. Denn sie vertrauen uns. Und dieses Vertrauen ist für uns als Erwachsene eine große Ehre und damit sollte auch sorgsam umgegangen werden.

Und soooo viel mehr!

Was fällt euch noch ein?