Wann ist Wegwerfen ok?

Wenn Kinder da sind, ist Hausarbeit so eine Sache. Ist ein Zimmer aufgeräumt und man widmet sich dem nächsten, schaut es im ersten gleich mal wieder so aus, als ob man nichts gemacht hat.
Die Kinderzimmer selber sind am schlimmsten, weil hier alles wirklich nur einer Sisyphos-Arbeit gleicht. Doch nicht nur darum ist diese Arbeit eine Herausforderung. In letzter Zeit begegne ich hier bei meinen Kindern einem noch viel spezielleren Phänomen: ihrem Gedächtnis!

Das Ding liegt
Ihr kennt das sicher auch: Da liegt tage- bzw. wochenlang etwas herum. Es wird von den Kindern nicht beachtet, geschweige denn damit gespielt. Doch ihr getraut euch noch nicht gleich, es wegzuwerfen, denn man weiß ja nie. Also wartet ihr. Die Beobachtung bleibt aber, dass es keinerlei Veränderung gibt. Ihr überlegt, wie es mit diesem Ding nun weitergehen soll. Fragt ihr bei euren Kindern nach, dann wäre wegwerfen ein großes Unglück. Also fragt ihr nicht und wartet weiter.

Die Entscheidung steht an
Irgendwann steht wieder eine größere Aufräumaktion an und ihr begegnet diesem Ding, das sich noch immer nicht vom Fleck bewegt hat, aufs Neue. Und in einem Anfall von Ärger und Sauberkeitsbedürfnis nehmt ihr es und werft es doch weg. Manchmal gibt es noch den Zwischenschritt und ihr legt es in eine Schublade und stellt innerlich ein Ultimatum, bis wann dem Kind sein Fehlen auffallen muss, dass es nicht im Müllsack landet.

Die Entscheidung ist gefällt
Irgendwann, gefühlt nach einer Ewigkeit, entschließt ihr euch doch, dieses Ding wegzuwerfen oder auch wegzugeben. Es handelt sich ja nicht um ein Lieblingsding meines Kindes. Doch dann tatsächlich: aus für uns völlig unerklärlichen Gründen, erinnert sich unser Kind wieder an diese eine Sache und beginnt zu suchen. Natürlich kommt es auch mit der Frage zu euch, ob ihr wisst, wo sie denn ist. Da stehen wir dann kurz vor dem Dilemma, ob wir zugeben sollen, dass wir es weggeworfen haben, oder ob wir einfach die Unwissenheitskarte ausspielen.

Zur Entscheidung stehen
Schon klar: Vorbilder wie wir sein müssen, erklären wir dem Kind, dass und warum wir das Ding weggeworfen haben und halten auch seinen Ärger und seine Trauer darüber aus. In einer solchen Situation nehme ich mir dann auch wieder vor, mit den Kindern zunächst zu reden, bevor ich etwas weggebe, auch wenn die Schlussentscheidung bei mir bleibt.
Noch etwas fällt mir aber in diesem Zusammenhang immer mehr auf: Ich weiß bei manchen Sachen wirklich nicht mehr, ob ich sie weggeworfen, weggeräumt oder gar nicht berührt habe. Denn irgendwie scheint mein Gedächtnis hier nicht so phänomenal zu funktionieren wie bei meinen Kindern 😉

 

 

Den Schmerz laut hinausschreien

Aussagen wie „Indianer kennen keinen Schmerz“, „Sei doch tapfer!“, „Das war doch gar nicht so schlimm“ und ähnlichen stehe ich bekanntermaßen kritisch gegenüber.

Fuß gegen Rolltreppe
Meine Haltung wurde durch folgendes Ereignis verstärkt:
Vor kurzem habe ich mir bei einer Rolltreppe im Kaufhaus dermaßen den Fuß gestoßen, dass ich am liebsten vor Schmerzen aufgeschrien hätte. Er war zudem noch auf Grund der sommerlichen Temperaturen ungeschützt in Sandalen, sodass die Auswirkungen noch größer waren. Was aber habe ich statt eines Aufschreis gemacht?! Sozial angepasst, wie wir sind, habe ich die Zähne aufeinandergebissen, die Tränen irgendwie unterdrückt und mir gerade einmal ein leise gemurmeltes „Aua“ erlaubt. Dabei ist der Schmerz tatsächlich durch meinen ganzen Körper geschossen. Erst im Auto, wo ich allein war, habe ich mir erlaubt aufzuschreien.

Stürze und Schmerzen unvermeidbar
Kinder machen das anders: Sie weinen lautstark auf, wenn sie sich wehgetan haben. Das ist in der warmen Jahreszeit ganz gut zu beobachten und zu hören. Sie sind viel draußen, in den Gärten, auf den Spielplätzen. Da gehören Stürze dazu. Sie sind beim Klettern, Rutschen, Schaukeln, Wandern geradezu unvermeidbar.
Nach meiner Erfahrung muss ich sagen: Zum Glück schreien die Kinder den Schmerz raus und weinen. Denn so kann er verarbeitet werden und sie den wohlverdienten Trost erhalten. Leider ist jedoch bei älteren Kindern zunehmend zu beobachten, dass sie sich den sozialen Anforderungen unterwerfen und diese Gefühle unterdrücken.

Ausleben fördern – Trost tut gut
Auf Grund der kurz zurückliegenden eigenen Erfahrung bin ich froh, dass ich unseren Sohn darin motiviere zu sagen, wenn etwas weh tut und sich auf keinen Fall dafür zu schämen. Gleichzeitig lehrt es mich aber auch, bei unserer Tochter, die diese Fähigkeit des Auslebens durchaus beherrscht, noch geduldiger und unterstützender zu sein. Denn es tut weh und wir dürfen um Trost bitten. Schließlich wissen wir tief drin, dass er auch uns Erwachsenen in solchen Situationen guttun würde. Meistens rennen Kinder nach einem kurzen Trösten sowieso gleich wieder weg und spielen weiter, denn die Welt ist viel zu spannend, um sie nicht zu entdecken.

 

Artikel: Dänische Kinder sind glücklicher – das machen ihre Eltern anders

Auf focus.de erschien am Mittwoch, 10.07.2019, ein Artikel über eine Studie, die sich mit der Frage beschäftigt, warum dänische Kinder glücklicher sind, als viele andere. Ich finde die Erkenntnisse wunderbar, unterstützen sie doch stark den Weg, den wir hier immer wieder andiskutieren.
Eine Hauptphilosophie dabei ist, dass dänische Eltern Druck für den falschen Weg halten. Sie möchten sich nicht auf Leistung bei Kindern konzentrieren, sondern auf Autonomie, Zusammenhalt und vor allem auch Selbstwertgefühl

Mit drei zentralen Punkten versuchen sie, dieses Ziel zu erreichen:

  1. Sie wissen, wie wichtig das freie Spiel für Kinder ist und fördern es.
  2. Sie wissen, wie sie ein Kind loben sollen, damit es Selbstvertrauen entwickelt.
  3. Sie bleiben locker.

Ich hänge euch hier den Link zum gesamten Artikel an. Ich finde ihn wirklich toll zu lesen und vor allem auch sehr motivierend! Viel Spaß!