Das Schweigen der Kinder

Habt ihr eigentlich auch schon beobachtet, wie oft kleine Kinder von Erwachsenen angesprochen werden – bekannte und unbekannte? „Na, wie heißt du denn?“ „Wie alt bist du denn?“ „Mei, hast du eine nette Jacke an!“ „Och, du schaust aber müde aus!“ „Freust du dich auf den Kindergarten?“ Es gibt unzählige dieser Fragen und Aussagen, die unbestritten von den Erwachsenen nett gemeint sind.

Kindliche Reaktion
Spannend ist in solchen Situationen sowohl die Reaktion der Kinder als auch die Reaktion der Eltern zu beobachten.
Schauen wir uns zunächst die Kinder an, denn ihre Reaktion beeinflusst häufig die der Eltern. Grundsätzlich erwarten die Erwachsenen, die die Kinder angesprochen haben, eine Reaktion ihrerseits. Doch wir alle wissen, wie Kinder sind. Ihnen ist, je jünger sie auch noch sind, egal, was von ihnen erwartet wird. Vor allem, wenn es sich um für sie fremde Menschen handelt. Die häufigste zu beobachtende Reaktion ist Schweigen. Die Kinder sagen einfach nichts, auch wenn sie noch so gut sprechen können. Das wiederum führt zu Verwirrung bei den Fragestellern, die verwundert und manchmal auch pikiert die Eltern anschauen. Als ob diese dafür verantwortlich wären, dass ihre Kinder ihrem eigenen Willen folgen und nicht mit Fremden sprechen.

Erwachsenen-Reaktion
Gut, vielleicht können die Eltern etwas dafür, weil sie ihre Kinder dazu erziehen wollen, nicht gleich mit Fremden zu sprechen oder einfach auf ihr Gefühl zu hören und dem zu folgen. Diese Eltern bringt die Reaktion der Kinder nur wenig unter Druck. Sie lächeln und antworten vielleicht auf die Frage oder verlassen die Situation. Andere Eltern wiederum geraten unter Druck. Sie haben auf der einen Seite das Gefühl, beweisen zu müssen, dass ihr Kind schon sprechen kann und auch „höflich“ ist. Auf der anderen Seite nehmen sie die vermeintliche Schuld auf sich, entschuldigen sich mit irgendeiner Ausrede für das Kind „Es hat heute schlecht geschlafen“ und versuchen die in ihrer Welt peinliche Situation zu durchtauchen.

Erlaubtes Schweigen
Ich war einmal mit Freundinnen samt Kindern frühstücken. Da hat es ein Kind geschafft, den ganzen Vormittag lang kein Wort zu sagen, obwohl alle am Tisch es immer wieder angesprochen haben und auch bekannt war, dass das Kind sprechen kann. Die Mutter des Kindes schwang zwischen entschuldigen, dem Kind leise zureden, dass es doch endlich bitte ein Wort sagen soll, oder einfach Schulter zucken und weiterfrühstücken.

Es heißt doch so schön: Für meine Verwandtschaft kann ich nichts 😉 Ich glaube, wir dürfen uns auch als Eltern diesen Satz ab und zu heranziehen. Denn auch wenn alle Welt dazu tendiert, denn Eltern die Verantwortung für tatsächliches oder vermeintliches Fehlverhalten von Kindern zuzuschreiben, muss man sie doch hin und wieder von dieser Schuld befreien.
Noch viel mehr sollten wir aber dazu übergehen, den Kindern ihre eigene Persönlichkeit zu lassen und ihnen als Person zuzugestehen, dass sie von sich aus entschieden haben, mit dieser fremden oder auch bekannten Person jetzt nicht zu sprechen.

Von der Leuchtweste und dem Fahrradhelm

Ich teile ja gerne mit euch meine „Stotter“-Momente als Mama. Jene Momente, in denen meine Kinder mich auf ein Verhalten hinweisen und mich fragen, warum ich das jetzt so mache. Ich gerate dann einen Moment lang in den Konflikt „Wahrheit“ oder „Lüge“, mich der von den Kindern wahrgenommen Diskrepanz zwischen dem, was ich tue, und dem was ich von ihnen verlange, zu stellen oder einfach irgendeine Ausrede finden, gar die Frage zu überhören.

Mama! Warum?
Mit so einem Moment hat mich meine Tochter heute Morgen eiskalt erwischt. Es ging um das Thema „Sicherheit“, bei dem wir Erwachsene, wenn wir ehrlich sind, tatsächlich mit zweierlei Maß messen. Von Anfang an haben wir unseren Kindern beigebracht, beim Laufrad- und Fahrradfahren einen Helm zu tragen. Wir ziehen ihnen diesen auch an, sollte eines im Fahrradanhänger sitzen. Gleiches gilt für Leuchtwesten. Beim Fahrradfahren auf der Straße immer, beim Laufen, wenn es dämmert, müssen sie eine Leuchtweste anziehen.
So eben auch heute Morgen, als ich meine Tochter darauf hinwies, dass sie ihre Leuchtweste noch anziehen muss. „Und du, Mama?“ War ihre berechtigte Frage.

Erklärungsnot
Tja, jetzt erkläre einmal deinem Kind, warum du keine Leuchtweste tragen musst, denn eigentlich bin ich als Erwachsene ohne Leuchtweste ja auch nicht sichtbarer als mein Kind.
Die Kindergartenpädagoginnen unserer Gemeinde gehen hier für uns alle mit einem guten Beispiel voran: Sie sind bei diesem Thema sehr strikt. Jedes Kind, das zu Fuß nach Hause geht, trägt eine Leuchtwese. Wenn sie gemeinsam einen Ausflug machen, tragen die Erwachsenen ebenfalls eine. Allgemein muss ich sagen, ist hier das Bewusstsein hinsichtlich Kinder stetig am Wachsen. Nur wir Erwachsene ziehen nicht wirklich vorbildlich mit.
Ich trage beim Fahrradfahren im Herbst oder Winter zumindest einen Reflektorstreifen am Bein oder an der Handtasche, aber dass ich mir wirklich eine Leuchtweste anziehe, kam mir noch nicht in den Sinn. Ich kann es mir selber nicht erklären, denn es wäre ohne Diskussion absolut sinnvoll. Und so konnte ich es heute Morgen auch meiner Tochter nicht erklären.

Es betrifft alle!
Ein ähnliches Erlebnis hatte übrigens vor kurzem mein Mann mit unserem Sohn, als er es wagte, „nur kurz die paar Meter zum Lebensmittelladen“ mit dem Fahrrad zu fahren und den Helm nicht anzuziehen. Wie auch immer sie das machen: Unseren Kindern entgeht das nicht auch wenn sie noch so tief in ihrem Spiel versunken zu sein scheinen. Zunächst rief mein Sohn meinem Mann noch nach, doch der hörte das nicht mehr. Dafür erlebte er bei seiner Rückkehr ein kleines „Donnerwetter“ und musste sich stotternd vor seinem Sohn rechtfertigen 😉

Mir ist es am Schluss aber wirklich noch ein Anliegen, die Wichtigkeit der Sicherheit im Straßenverkehr zu betonen. Je selbstverständlicher unsere Kinder damit von klein auf aufwachsen, umso weniger Diskussion ist es und umso bewusster wird ihnen auch, dass sie achtsam sein sollten. Kinder sind hier wahrscheinlich das größere Vorbild als wir Erwachsene.

Der selbstbestimmte Platz in der Familie

… wieder einmal habe ich mich in einem Artikel in der Kirchenzeitung im Rahmen der Reihe „Begleiten, beleben, bestärken“ mit einem sehr spannenden Thema auseinandergesetzt.

Hier geht es zum ganzen Artikel.

Achtung! Kinder!

Kinder bzw. Eltern mit Kindern sind in unserer Gesellschaft in verschiedenen Situationen mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Es gibt anscheinend Orte, bei denen davon ausgegangen wird, dass Kinder stören, dass sie sich nicht benehmen können. Es werden der Familie Blicke zugeworfen, sie werden argwöhnisch betrachtet und stehen unter dauernder Beobachtung.

Die Verfolgung
Kennt ihr das? Wenn ihr mit euren Kindern in ein Geschäft geht oder in ein Museum, dann ist es plötzlich so, als ob ihr die einzigen in den Räumlichkeiten seid. Denn sämtliche Angestellten konzentrieren sich nur noch auf euch.
Wir waren vor kurzem mit unseren beiden Kindern in einem Kunst-Museum. Wir wollten es einfach einmal ausprobieren, ohne Druck, lange bleiben zu müssen. Wir haben also an der Kassa bezahlt, jedoch da schon gemerkt, dass unsere Kinder kritisch beäugt werden. Natürlich ist uns aufgefallen, dass sich weit und breit kein anderes Kind in dem Museum aufgehalten hat, obwohl es ein Regentag war. Trotzdem waren wir den gesamten Besuch lang nie allein. Immer war eine Aufsichtsperson „zufällig“ gerade in unserer Nähe.

Der genervte Blick
Ein ähnliches Erlebnis hatten wir im Urlaub. Wir haben in einem Familienhotel eingecheckt, in dem man – wie der Name schon sagt – davon ausgehen kann, dass sich da auch Kinder befinden und somit vielleicht nicht jedes Essen in völliger Stille ablaufen wird. Eines Abends hat sich dann auch ein älteres Ehepaar für das Abendessen eingefunden. Die genervten Blicke, die sie sich beim Eintreffen in den Essensraum zugeworfen haben, sagten bereits alles. Sie saßen am Tisch neben uns und wir konnten sehen, wie sie reagierten, sobald ein Kind vielleicht etwas lauter wurde. Wir haben uns ehrlich gesagt darüber amüsiert. Vor allem war nicht nur auffallend, dass sie sich mit ihrer schlechten Laune selber den Abend verdorben haben, sondern dass es eigentlich weniger die Kinder waren, als die Erwachsenen, die sich in voller Lautstärke unterhalten haben. Als ein Großteil der Kinder nämlich den Essensraum Richtung Kinderbetreuung verlassen hat, wurde es im Raum nicht wirklich leiser.

Kommt mal runter!
Es fällt mir wirklich keine bessere Formulierung für die oben beschriebenen Erwachsenen ein als „Kommt mal von eurem hohen Ross herunter!“ und gebt den Kindern eine Chance, bevor ihr sie nur auf Grund ihres Kind-Seins in eine Schublade steckt.
So haben wir in unseren Urlaubshotel noch ein anderes Paar ohne Kinder beobachtet, das sich tatsächlich auf die Situation, dass sie sich in einem Familienhotel befinden, eingelassen haben und auf der einen Seite in ihrem Rhythmus die Essen genossen haben und sich auf der anderen Seite einfach auch auf Gespräche mit den Kindern und Eltern eingelassen haben.
Und im Museum mussten mein Mann und ich erleben, dass unsere Kinder von dem Dargebotenen viel faszinierter waren als wir selber und enttäuscht waren, als wir das Museum wieder verlassen haben. Hier waren wohl eher die Erwachsenen die „Kunstbanausen“.