Schlaf Kindlein schlaf… aber Wo?

Kennt ihr auch dieses abendliche Sitzen am Bett eures Kindes und Warten, dass es einschläft? Das scheint dann auch so zu sein. Doch sobald ihr aufsteht, sehen euch wieder zwei hellwache Augen an und alles beginnt von vorn? Oder kennt ihr auch das nächtliche Geräusch der tapsenden Füße über den Boden in Richtung eures Schlafzimmers?

Ich kenne das nur zu gut, sowie auch den Blick, den mein Mann und ich uns dann zuwerfen. Eines unserer Kinder ist im Anmarsch und nimmt Kurs auf unser Bett. Und dann kommt die entscheidende Frage: Heben wir die Bettdecke und lassen es darunter schlüpfen, oder heben wir die Bettdecke und stehen auf, um es wieder in sein Zimmer zurückzubringen.

Mittelweg
Es gibt unterschiedliche Ansichten, was diese Frage anbelangt. Es gibt die Meinung, dass ein Kind niemals im Elternbett schlafen sollte, da es dann nie im eigenen schläft. Oder es gibt die Vertreter des sogenannten „Familienbetts“, in dem alle Familienmitglieder gemeinsam schlafen.
Wie in so vielen Bereichen der Erziehung ist es auch hier eine Frage der Abwägung.
Hin zur Entscheidung komme ich nicht umhin, mich folgende Dinge zu fragen: Wieso kommt mein Kind? Ist es krank und fühlt sich nicht wohl? Hat es schlecht geträumt und braucht das Gefühl von Schutz und Nähe? Und dann stelle ich mir mich selber vor: Will ich in so einer Situation allein sein?

Gefühl von Schutz
Die Nacht und ihre Dunkelheit hat etwas Unheimliches. Ein Kind muss erst lernen, zu vertrauen, um in diesen Stunden allein sein zu können. Nicht ohne Grund brauchen viele Kinder die Nähe ihres Lieblingskuscheltieres. Manchmal reicht diese Nähe jedoch nicht aus. Es sind dann die Eltern, die das Gefühl von Schutz vermitteln müssen.
Ändern wir zum Abschluss noch den Blickwinkel und gehen weg von der Sorge, dass unser Kind dann ewig in unserem Bett schläft – denn irgendwann wird es ganz sicher die Privatsphäre des eigenen Bettes bevorzugen: Wenn wir als Eltern nur durch unsere bloße Anwesenheit einem Kind das Gefühl von Geborgenheit vermitteln können, sodass es sich in die Schutzlosigkeit des Schlafes fallen lässt, ist das nicht das größte Kompliment? Und wenn wir durch diese an sich einfache Handlung Ruhe in die Nächte bringen, sollten wir das dem Kind und auch uns selber verwehren?!

Erziehung – eine bunte Vielfalt an Kompromissen!

Wenn wir den Begriff „Erziehung“ hören, dann entstehen Bilder wie Regeln, Grenzen, Auseinandersetzungen, Hierarchie o.ä. Im Vordergrund stehen immer negative Assoziationen, sodass man sich heute kaum mehr traut, den Begriff zu verwenden.

Gleichgewicht
Aber lasst uns doch einmal die Tätigkeit „Erziehung“ genauer betrachten: Handelt es sich dabei nicht vielmehr auch um eine stete Auseinandersetzung mit sich selber als Eltern und mit den Kindern? Es geht dabei nicht nur darum, dem Kind seine Grenzen aufzuzeigen und Verbote auszusprechen. Eltern müssen schauen, was ihr Kind braucht, um mit beiden Beinen fest im Leben zu stehen. Gleichzeitig ist es ihre Aufgabe, zu schauen, was die Familie braucht, damit sie funktioniert. Hier gilt es immer wieder abzuwägen und wenn notwendig Kompromisse zu schließen. Kompromisse zwischen dem, was Eltern genau in dem einen Moment möchten, und dem, was die Kinder in dem Moment brauchen.

Beispiele
Das Mittagessen ist fertig. Das Kind spielt am Boden mit seinen Autos. Es ist noch mittendrin in seiner erfundenen Geschichte und erwidert, dass eines der Autos kaputt ist, abgeschleppt und in die Werkstatt gebracht werden muss. Dann kommt es zum Essen.

Ein weiteres Beispiel: Eigentlich gibt es die Abmachung, dass das Kind den Schnuller aus dem Mund nehmen muss, wenn es redet. Nun spielt es ganz versunken mit seinen Puppen und spricht mit ihnen, obwohl es den Schnuller im Mund hat.

Ich denke, jedem von euch fällt sofort ein dazu passendes Beispiel ein. Und jedes Mal ist die Frage, bleibe ich bei meiner Regel oder schaue ich mir die Situation an, und frage mich, ob es eine Alternative gibt.


Offenheit

Als ich dieses Thema mit Bekannten besprochen habe, kam sofort der Einwurf „Aber dann gebe ich als Elternteil doch immer nach!“ Diese Haltung bringt uns jedoch in einen Machtkampf mit dem Kind und lässt uns blind werden für die Situation und ihren Inhalt.

Daher mein Titel für diesen Blog: … eine bunte Vielfalt an Kompromissen! Natürlich braucht es Rahmenbedingungen, aber innerhalb des Rahmens, und manchmal auch darüber hinaus, geht es für Eltern um Folgendes: Geht mit euren Kindern in Kontakt, nehmt Situationen wahr, in denen ihr und sie sich befinden. So findet ihr den passenden Weg, der euch gemeinsam an das gewünschte Ziel führt. Manchmal eben mit einem kleinen Umweg…

Ich bin doch kein Hubschrauber?!

Kennt ihr den Begriff der Helikopter-Eltern? Gemeint sind Eltern, die ständig um ihre Kinder „herumschwirren“.

Fall aus der Praxis
Mir begegnete der Begriff in einem Gespräch mit einer Klientin, die mir folgende Situation schilderte: Sie war mit ihren beiden Kindern – 5 und 2 ½ Jahre – am Spielplatz. Beide sind sehr neugierig und möchten alles ausprobieren, ob klettern, rutschen, schaukeln. Die Klientin versucht ihre Kinder darin zu unterstützen. Gleichzeitig fühlt sie sich wohler, wenn sie noch bei ihren Kindern dabeisteht. Wenn ihr Jüngster zum Beispiel bei der Rutsche die Leiter raufklettert, dann hat sie immer eine Hand bereit, um ihn aufzufangen, sollte etwas passieren.
Da sagte eines Tages ein befreundeter Vater zu ihr: „Du bist aber auch eine Helikopter-Mutter! Lass ihn doch einfach!“

Verunsicherung auf allen Seiten
Und mit der daraus entstandenen Verunsicherung kam die Mutter zu mir. Denn plötzlich wusste sie nicht mehr, wie sie sich verhalten sollte. Neigte sie wirklich zur Überbehütung? Wann ist es Zeit, Kinder alles allein ausprobieren zu lassen, ohne in der Nähe zu bleiben? Oder: Wie nah darf man bei einem Kind stehen, wenn es etwas Neues ausprobiert?
Tatsächlich ist es so, dass Kinder Ängste und Unsicherheiten seitens der Eltern spüren. Sie merken schon in sehr jungen Jahren, ob ihnen Dinge zugetraut werden oder nicht.

Gleichgewicht
Gleichzeitig braucht es die Anwesenheit der Eltern, um den Kindern Sicherheit zu vermitteln. Es ist diese Atmosphäre, in der sich Kinder trauen, Neues auszuprobieren, die Welt zu entdecken, und auch einmal die höhere Rutsche auszuprobieren.
Wie in vielen Punkten des Elternseins, heißt es bei diesem Thema auch ein Gleichgewicht zu finden, zwischen Loslassen und Präsenz; zwischen Vertrauen in die Fähigkeiten und eigenen Ängsten. Und dies ist ein für Eltern schwieriger Prozess, begleitet von vielen Fragen und Unsicherheiten.

Daher mein neuerliches Fazit – die Quintessenz meiner Erziehungstheorie: Achtet auf die Bedürfnisse eurer Kinder! Beobachtet sie, lest in ihren Reaktionen und wenn es schon möglich ist, fragt sie doch einfach! Genau so werdet ihr den richtigen Weg finden!

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